Im Schatten der Reform |
Lukas Brockfeld |
16.09.2024 09:00 Uhr |
Auch im letzten Jahr war der Bundesgesundheitsminister beim Apothekertag nur online zugeschaltet und bekam von den Delegierten bereits die Rote Karte gezeigt. / Foto: Avoxa/Expopharm
Selten war ein DAT politisch so aufgeladen wie in diesem Jahr. Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Apothekenreform könnte das Wesen des gesamten Berufsstandes verändern und die Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten erheblich verschlechtern, so die Sorge vieler Apothekerinnen und Apotheker. Daher überrascht es wenig, dass gleich über eine ganze Reihe an Anträgen abgestimmt werden soll, die sich mit der umstrittenen Reform auseinandersetzen. Alle Anträge haben eine Gemeinsamkeit: Sie lehnen die mit dem Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) geplanten Apotheken ohne Apotheker ab.
Entsprechend klar sind die Forderungen: »Keine Apotheke ohne Apotheker*in« formuliert etwa die Kammer Hessen in dem großen Block »Sicherstellung der Versorgung«. Die Kammer Nordrhein fordert, bei Gesetzgebungsverfahren das »verfassungsrechtlich legitimierte Leitbild« von Apothekerinnen und Apothekern in der Apotheke zu erhalten.
Der Verband Nordrhein erteilt dem Reformvorhaben eine klare Absage; er fordert den »Verzicht auf ein strukturveränderndes Apotheken-Reformgesetz«. Die Kammer Berlin weist vor dem Hintergrund darauf hin, wie wichtig der Schutz der Freiberuflichkeit sei: »Der akademische freie Heilberuf Apotheker*in muss gerade in den Apotheken gefördert werden, um eine nachhaltige und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.«
»Wir tauschen uns in der Hauptversammlung über die kurz- und mittelfristige Zukunft der Apotheken aus und leiten daraus politische und strategische Entscheidungen ab. Die Anträge spiegeln die relevanten Themen wider, die uns Apothekerinnen und Apotheker bewegen. Uns treibt an, dass wir auch in Zukunft unsere Patientinnen und Patienten kompetent, sicher und persönlich versorgen wollen«, erklärte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening im Vorfeld des DAT.
Auch zu anderen aktuellen Gesetzesplänen wollen die Apothekerinnen und Apotheker in München abstimmen. So äußert sich der Verband Nordrhein genauer dazu, welche rechtlichen Möglichkeiten Apotheken zur Sicherstellung der Versorgung in den sogenannten integrierten Notfallzentren (INZ) bekommen sollen, die mit dem Gesetz zur Reform der Notfallversorgung (NotfallG) geplant sind.
Im Block »Rahmenbedingungen der Berufsausübung« geht es um Vorschläge, die den Berufsalltag der Apothekerinnen und Apotheker verbessern sollen. Dazu gehören zum Beispiel Impfungen in Apotheken oder die Anhebung der Notdienstgebühr, für die sich Apothekerkammer und -verband Westfalen-Lippe sowie Kammer und Verband aus Baden-Württemberg einsetzen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird mit Spannung beim DAT in München erwartet. Geplant ist, dass der Minister sich am Eröffnungstag in einem Grußwort an die Delegierten wendet, allerdings nur digital. Seine bayerische Amtskollegin Judith Gerlach (CSU) will sich persönlich in einer Rede an die Apothekerschaft wenden.
Beim DAT geht es aber nicht nur um die große Politik. Seit Anfang des Jahres ist das E-Rezept in allen Apotheken Standard und schon im kommenden Jahr soll die elektronische Patientenakte kommen. Die Arbeit in den Apotheken wird digitaler, doch nicht immer läuft alles reibungslos, das hat insbesondere die Startphase des E-Rezepts gezeigt. Hier soll der Gesetzgeber eingreifen, meint etwa die Kammer Hessen und fordert in einem Antrag, die Telematik-Infrastruktur (TI) durch redundante Systeme so abzusichern, dass ein Ausfall ausgeschlossen ist. Dem Thema Digitalisierung wird auf dem DAT ein ganzer Themenblock gewidmet.
Im ganzen Land leiden die Apotheken unter einem Fachkräftemangel. In München wird daher zudem darüber diskutiert, wie sich die Ausbildungen im Apothekenbereich attraktiver gestalten lassen. Auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) soll diskutiert werden.