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Rein hypothetisch

Ibuprofen und ACE2

Der sozial-mediale Aufreger am heutigen Samstag war eine als offizielle Fake News enttarnte »Warnung«, nach der eine Ibuprofen-Einnahme für schwere Covid-19-Verläufe verantwortlich sein könnte. Könnte etwa doch ein Funken Wahrheit in dieser Meldung stecken? Zumindest haben wir danach gesucht und dabei Folgendes gefunden.
Theo Dingermann
14.03.2020  17:14 Uhr

Ganz klar ist, dass die in den sozialen Medien sich schnell verbreitende »Warnung« vor schweren Covid-19-Verläufen durch eine Ibuprofen-Einnahme  als Fake News zu klassifizieren ist. Das stellt die Medizinische Universität Wien mit dem deutlichen Dementi klar: »Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich hierbei um Fake News handelt, die in keinerlei Zusammenhang mit der MedUni Wien stehen!«

Das sollte eindeutig sein, zumal behauptet wird, dass Wissenschaftler an der MedUni Wien die Kernaussage der Meldung auf experimentell erhobenen Daten stützen. In diesen Experimenten soll angeblich der Nachweis erbracht worden sein, dass durch Ibuprofen die Replikationseffizienz des Virus deutlich gesteigert wurde. Man könnte es dabei belassen. Doch einmal sensibilisiert, beginnt man sich zu fragen, wie man eine solche Meldung erfinden kann. Und man beginnt zu recherchieren.

Tatsächlich wird einigermaßen plausibel spekuliert, dass die Einnahme bestimmter Arzneimittel den Verlauf der Erkrankung negativ beeinflussen könnte. Auch PZ-online berichtete über solche Hypothesen. Unter Verdacht gerieten ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorblocker (Sartane). So wurde in Tierversuchen gezeigt, dass sowohl der ACE-Hemmer Lisinopril als auch der Angiotensin-Rezeptorblocker Losartan die mRNA-Expression von kardialen ACE2-Rezeptoren signifikant erhöhen können (um das Fünffache beziehungsweise Dreifache). Und bekanntlich sind ACE2-Rezeptoren als funktionelle Eintrittspforten für die Coronaviren SARS-CoV und SARS-CoV-2 eindeutig identifiziert.

Diese Zusammenhänge wurden in einem Artikel mit dem Titel »Covid-19 and the cardiovascular system« beschrieben, der am 5. März in »Nature Reviews Cardiology« publiziert wurde. Ausdrücklich wird an dieser Stelle noch einmal betont, dass dies eine Hypothese ist, die nicht geeignet ist, vor der Einnahme lebenswichtiger Medikamente zu warnen.

Bei der weiteren Recherche fiel nun eine kurze Publikation auf, die am 11.3. in »The Lancet Respiratory Medicine« erschien. In ihrer »Correspondence« mit dem Titel »Are patients with hypertension and diabetes mellitus at increased risk for COVID-19 infection?« beschreiben Wissenschaftler der Universität Basel , dass die Expression von ACE2-Rezeptoren bei Typ-1- oder Typ-2-Diabetikern, die mit ACE-Hemmern und Angiotensin-II-Typ-I-Rezeptorblockern (ARBs) behandelt werden, deutlich erhöht ist.

Zusätzlich erwähnen sie, dass die Expression von ACE2 auch durch Thiazolidindione und Ibuprofen gesteigert wird. Daraus könnte man schließen, dass eine Behandlung sowohl mit ACE-Hemmern und Sartanen als auch mit Thiazolidindionen (Glitazonen) und Ibuprofen es dem SARS-CoV-2-Virus erleichtern könnte, die Zellen des Patienten zu infizieren.

Ein wenig mutig stellen die Autoren auf Basis dieser Überlegungen die Hypothese auf, dass eine Behandlung von Diabetes und Bluthochdruck mit ACE2-stimulierenden Medikamenten (Anmerkung der Redaktion: und mit Glitazonen und Ibuprofen) das Risiko für einen schweren oder sogar tödlichen Verlauf der Covid-19-Erkrankung erhöht.

Kritisch sei angemerkt, dass selbst ein so angesehenes Journal wie »The Lancet« eine so spekulative Arbeit publiziert. Die Arbeit läßt nicht erkennen, dass die Autoren ihre Hypothese durch eigene experimentelle Studien stützen. Vielmehr stützen sie ihre Mutmaßungen auf die Auswertungen dreier klinischer Beobachtungsstudien. Nicht nur aus diesem Grund muss noch einmal nachdrücklich darauf hingewiesen werden, wichtige Medikamente nicht ohne Rücksprache mit den behandelnden Ärzten abzusetzen.

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