Hypothese zu Resolvinen wackelt |
Theo Dingermann |
13.04.2022 15:00 Uhr |
Beim Auflösen einer Entzündung wandeln sich proinflammatorische M1-Makrophagen in antiinflammatorische M2-Makrophagen um. / Foto: Adobe Stock/Juan Gärtner
Entzündungen resultieren aus einer aktiven Abwehrreaktion des Immunsystems und sind normalerweise selbstlimitierend. Das bedeutet jedoch nicht, dass bei der Auflösung einer Entzündung nicht spezifische molekulare Komponenten beteiligt sind. Tatsächlich lassen sich solche, als Resolvine oder auch Lipoxine bezeichneten Komplexe auch unter Laborbedingungen herstellen. Dass sie jedoch physiologisch eine Rolle spielen, scheint unwahrscheinlich, wie jetzt die Autoren eines viel beachteten Reviews schreiben.
Die Arbeit stand unter der Federführung des Frankfurter Pharmazeuten Professor Dr. Dieter Steinhilber vom Institut für Pharmazeutische Chemie der Goethe-Universität und Erstautor Professor Dr. Nils Helge Schebb von der Bergischen Universität Wuppertal und wurde jetzt in »Frontiers in Pharmacology« publiziert. Ausgangspunkt waren experimentelle Befunde des Graduiertenkollegs »Auflösung von Entzündungsreaktionen« (AVE) an der Goethe-Universität.
Ursprünglich wurde angenommen, eine Entzündung klinge passiv ab, weil die beteiligten Immunzellen nach getaner Arbeit allmählich absterben oder abwandern. Heute weiß man, dass der Körper auch das Abklingen einer Entzündung aktiv steuert. Zu diesem Zweck verwandeln sich unter anderem bestimmte Zellen des angeborenen Immunsystems, sogenannte entzündungsfördernde M1-Makrophagen, die primär der Verteidigung dienen, in entzündungsauflösende M2-Makrophagen, die primär in der Wundheilung wirken.
Mit der Zeit hatte sich eine weit akzeptierte Hypothese herausgebildet, nach der dieser Umwandlungsprozess von der Bildung spezialisierter entzündungsauflösender Mediatoren (Specialized Pro-Resolving Lipid Mediators, SPM) begleitet würde. Seit Postulierung dieser Hypothese im Jahr 1984 schürt eine weltweit immer größer werdende Gruppe von »Resolutionisten« die Hoffnung, eines Tages mit synthetischen »Entzündungsauflösern« therapeutisch in entzündliche Prozesse eingreifen zu können.
Die derzeit verfügbaren Medikamente gegen Entzündungen und deren Symptome, zum Beispiel Acetylsalicylsäure und die COX-2-Inhibitoren, wirken als Antagonisten bestimmter Reaktionen des Arachidonsäurestoffwechsels, bei denen proinflammatorische Gewebshormone entstehen. Dazu gehören einerseits Thromboxan und die Prostaglandine, andererseits die Leukotriene. Nur zwei Stoffwechselschritte von der Arachidonsäure entfernt entstehen auch die nun zur Diskussion gestellten SPM. Diese Lipide werden im Stoffwechsel der polyunsaturierten Fettsäuren mithilfe von Lipoxygenasen gebildet.