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Insulinpräparate

Hundert Jahre optimiert

Die Isolierung eines zur Diabetestherapie halbwegs brauchbaren Pankreasextraktes vor genau hundert Jahren hat einer bis dahin obligat tödlichen Erkrankung den größten Schrecken genommen. Damals war man aber noch weit entfernt von einer patientengerechten und der physiologischen Blutzuckerregulation nahekommenden Therapie.
Axel Helmstädter
31.05.2021  12:30 Uhr

Erste brauchbare Präparate

Der Extrakt, den Banting und Best ihrem ersten Patienten, dem zwölfjährigen Leonard Thompson, im Januar 1922 injizierten, war alles andere als optimal. Nach den ersten Gaben musste die Therapie wegen lokaler Unverträglichkeitsreaktionen erst einmal abgebrochen werden. Banting und Best war es zwar gelungen, die proteolytischen Enzyme im Pankreas vor der Insulinextraktion so zu eliminieren, dass wirksames Insulin erhalten blieb, sie hatten aber noch immer ein relativ verunreinigtes Präparat.

Hier half der Sachverstand des Biochemikers James Collip, der das alkoholische Fällungsverfahren so modifizierte, dass die Begleiteiweiße vollständiger eliminiert werden konnten und die Injektionen fortan gut vertragen wurden (7). Allerdings hatten die Präparate noch immer eine Chargendifferenz in der Wirksamkeit von bis zu 25 Prozent, was eine große Gefahr von Hypoglykämien mit sich brachte (8).

Von der Bauchspeicheldrüse zu Verzögerungsinsulinen, Präparatesammlung, circa 1940.  / Foto: National Museum of American History
Lilly’s »ever aseptic syringe«, zur Aufbewahrung der Nadel in Isopropanol, circa 1930 / Foto: National Museum of American History
Historische Insulinzubereitungen, Altinsulin, zinkhaltiges und protaminhaltiges Präparat , circa 1944,  / Foto: National Museum of American History
Der erste Insulinpen, 1985  / Foto: National Museum of American History
Frühes humanes Verzögerungsinsulin, USA 1987 / Foto: National Museum of American History

Kooperation mit der Industrie

Um den großen Bedarf an dem neuen Arzneimittel befriedigen zu können, waren die Entdecker bereits im Mai 1922 eine Kooperation mit dem amerikanischen Unternehmen Eli Lilly eingegangen. Dessen Mitarbeiter, dem Chemiker George Walden (1895 bis 1982), gelang es, Ausbeute und Reinheit nochmals signifikant zu steigern, indem er den pH-Wert bei der Fällungsreaktion auf den isoelektrischen Punkt des Insulins, also die Umgebung seiner minimalen Wasserlöslichkeit, einstellte. Die Chargeninhomogenität sank auf etwa 10 Prozent (8). So konnte Lilly ab Februar 1923 große Mengen verbesserten Insulins liefern (9).

Ein weiterer Meilenstein war die Herstellung kristallinen Insulins, die dem Pionier der Hormonforschung und Entdecker des Adrenalins, John Jacob Abel (1857 bis 1938), an der Johns Hopkins University 1926 gelang. Inzwischen war die Insulinproduktion weltweit angelaufen, wobei sich herausstellte, dass es nur großen Unternehmen gelang, nennenswerte Mengen zu produzieren. Die initiale Auswahl an nationalen Lizenznehmern wurde durch ein eigens gegründetes Komitee getroffen und nicht dem Markt überlassen.

In Deutschland erhielten die Farbwerke Hoechst den Zuschlag, die im November 1923 das erste deutsche Präparat in den Handel brachten. Dort gab es vielfältige Erfahrungen mit der Hormonforschung und -produktion, zudem hatte man sich Zugang zum Ausgangsmaterial durch vertragliche Beziehungen zu großen Schlachthöfen gesichert (10).

Bereits im Frühjahr 1923 war der dänische Lizenznehmer Nordisk (heute Novo Nordisk) lieferfähig, der Konzern sollte ebenfalls zu den Big Playern des Insulingeschäftes aufsteigen. Hier erkennt man zwei weitere Erfolgsfaktoren, die auch bei anderen großen Entdeckungen der Arzneimittelgeschichte relevant waren: die Kooperation mit der Industrie, die bereits eine erfolgreiche Markteinführung des von Paul Ehrlich 1910 entwickelten Salvarsan® ermöglicht hatte (11) und die interdisziplinäre Arbeit von Medizinern sowie (bio)chemisch ausgewiesenen Naturwissenschaftlern. Derlei Expertise benötigte man auch bei der Entwicklung brauchbarer Penicillinpräparate, was allerdings viel zu spät erkannt worden war (3).

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