Hubmann fordert »zweistelligen Eurobetrag« |
Jennifer Evans |
25.04.2023 12:00 Uhr |
Im Namen des Deutschen Apothekerverbands (DAV) begrüßte der kommissarische DAV-CHef Hans-Peter Hubmann Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Pharmazie beim DAV-Wirtschaftsforum in Berlin. / Foto: PZ/André Wagenzik
In seiner Eröffnungsrede zum diesjährigen Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands (DAV) freute sich Hans-Peter Hubmann, die Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Pharmazie nach der Corona-Zeit endlich wieder live in Berlin begrüßen zu können. In Richtung Politik fand der kommissarische Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands (DAV) allerdings deutliche Worte und adressierte konkrete Forderungen.
Seit Jahren wachse der Kostendruck auf die Vor-Ort-Apotheken, beklagte Hubmann. Mehr als 300 Apothekenbetriebe pro Jahr müssten schließen, Tendenz steigend. Zum Ende des ersten Quartals 2023 gebe es nur noch 17.939 Offizinen in Deutschland. Zudem erschwere massiver Fachkräftemangel, eine schleppend vorangehende Digitalisierung sowie hohe bürokratische Belastungen die Versorgung. Als eine Zumutung empfindet er insbesondere die Retaxations- und Präqualifizierungsverfahren. »Dafür haben wir nicht Pharmazie studiert«, sagte er.
In seinen Augen lässt die angespannte wirtschaftliche Lage nur einen Schluss zu: »Die Apotheken brauchen endlich eine angemessene Vergütung.« Daher forderte er eine Erhöhung des Festhonorars von derzeit 8,35 Euro auf 12 Euro. Zudem müsse sich das Fixum, wie es die Arzneimittelpreisverordnung festlegt, in Zukunft automatisch und regelmäßig an die Kostenentwicklung anpassen.
Von »halbherzigen Quasi-Reformen« zulasten »engagierter Leistungserbringer« hat Hubmann jedenfalls die Nase voll. Das machte er besonders deutlich, als er über die Pauschale von »lächerlichen 50 Cent« sprach, die Apotheken laut dem geplanten Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) für ihren zusätzlichen Aufwand für das Management von Lieferengpässen erhalten sollen. Die Summe vergüte gerade einmal 24 Sekunden Arbeitszeit, so Hubmann. Diese Geringschätzung mache ihn wütend. Ohne verlässliche politische Rahmenbedingungen drohe »ein Kollaps unseres Gesundheitssystems«, warnte er. Und stellte klar: »Die Apotheken können die Lieferengpässe auf Dauer so nicht mehr bewältigen.«
Nach Hubmanns Ansicht hat Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) offenbar noch nicht erkannt, dass die vereinfachten Austauschregen generell auch die Versorgung in Lieferengpass-Situationen erleichtern. Eine Verlängerung der ursprünglich während der Pandemie eingeführten Austausch-Lockerungen müsse daher unbedingt über den Juli 2023 hinaus gelten, forderte Hubmann. Wie verantwortungsvoll die Apotheken damit umgegangen sind, zeigen seinen Angaben zufolge Auswertungen des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts. Demnach sind die Einsparungen durch Rabattverträge sogar noch gestiegen. Den Vorwurf von Kassenseite, die Apotheken hätten die erleichterten Regeln ausgenutzt, bezeichnete er als »nicht bewiesene Unterstellung«.
Für Hubmann steht fest: Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) muss den ALBVVG-Entwurf nachbessern. Konkret erwartete er, dass die Apotheke weiterhin bei Engpässen ein vorrätiges Arzneimittel abgeben kann. Und zwar ohne jegliche Retaxationen. Dabei stellte er grundsätzlich klar, dass die Verweigerung einer Bezahlung für eine Versorgungsleistung aufgrund kleinster Formfehler nicht zum Zusatzeinkommen für die Kassen werde dürfe. »Das ist Zechprellerei.«
Zudem fordert er die Möglichkeit zur Rezepturherstellung ohne eine neue Verordnung, sollte das entsprechende Fertigarzneimittel nicht verfügbar sein. Außerdem hält Hubmann einen »zweistelligen Eurobetrag« als Ausgleich für das Lieferengpass-Management für angemessen. In einer Stellungnahme zum ALBVVG-Referentenentwurf hatte die ABDA bereits Ende Februar 21 Euro statt 50 Cent gefordert.
Als eine Missachtung der selbstständigen Heilberufler erachtet er die Bestrebungen aus dem BMG, lediglich die Krankenhäuser zu unterstützen. Gemeint ist etwa die bessere Bezahlung der Pflegekräfte sowie etwaige Energiekosten-Zuschüsse. Es könne nicht sein, dass die Politik anderen Leistungserbringern »eine Kompensation für steigende Kosten und eine Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung ermöglicht, die Apotheken aber zynisch auf vermeintliche Effizienzreserven verweist«, wetterte er. Denn die gibt es nicht, wie er an einem Beispiel anschaulich machte: Allein der erhöhte Kassenabschlag von 2 Euro, der seit dem 1. Februar 2023 gilt, habe seitdem zu Mindereinnahmen in Höhe von rund 20 Millionen Euro geführt.
Keinen Hehl mache Hubmann ebenfalls daraus, dass es den Apotheken vor Ort angesichts der aktuellen Probleme an Zeit fehle, die pharmazeutischen Dienstleistungen zu implementieren und anzubieten. Man könne eben nur eine Sache auf einmal erledigen und derzeit liege der Fokus verständlicherweise auf dem Lieferengpass-Management. Und hier schließt sich der Kreis wieder: Nur wenn die (finanziellen) Rahmenbedingungen für den Berufsstand gesichert seien, könnten die Apotheken auch Personal für das pharmazeutische Zusatzangebot einstellen, so Hubmann.