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Deutsches Apotheken-Museum

Historischer Apothekengarten eröffnet

Nach rund 20 Jahren geht ein Wunschtraum des Deutschen Apotheken-Museums in Heidelberg in Erfüllung: Ende Juni eröffnete Museumsdirektorin Dr. Elisabeth Huwer vor zahlreichen Ehrengästen und Journalisten den historischen Apothekengarten an der Ostseite des Heidelberger Schlosses.
Brigitte M. Gensthaler
28.06.2019  17:00 Uhr

Nur etwa 120 qm groß und dicht an die frisch restaurierte Ostseite des Schlosses geschmiegt, liegt dieser »traumhafte blühende duftende Garten«, schwärmte die Historikerin bei der Eröffnung. Circa 150 Pflanzenarten in zehn Beeten, darunter ein zentrales Hochbeet, erwarten die Besucher. Der Fokus liegt auf dem Arzneipflanzenschatz der Renaissance.

Als exzellente Quelle diente neben historischen Arzneibüchern vor allem ein Arzneipflanzenkatalog des kurfürstlichen Hofapothekers in Heidelberg, Philipp Stefan Sprenger (um 1536 bis vor 1608), der am Schlossberg bereits einen Garten mit Heilpflanzen betrieb. Dieser Hortus Medicus war bis über die Landesgrenzen hinaus berühmt. Sprenger galt als hochrangiger Botaniker, der im internationalen Austausch mit wissenschaftlich führenden Botanikern seiner Zeit stand. Die Forscher tauschten aber nicht nur Fachwissen, sondern auch Pflanzen aus. Die handschriftliche Sprenger´sche Liste enthält eine Fülle von Pflanzen, aus denen für die heutige Anlage etwa 150 Arten sorgsam ausgewählt wurden.

So erleben die Besucher im Garten des Apotheken-Museums überwiegend Pflanzen, die schon die Apotheker und Ärzte der Renaissance zum Heilen nutzten. Eingeteilt sind die Beete nach historischen Indikationen, zum Beispiel Wundheilung oder Atemwegserkrankungen. Ebenso gibt es Beete, die die Konzepte der Heilkunde aus hippokratischer Zeit widerspiegeln. Denn in der Viersäfte- oder der Signaturenlehre wurden pflanzliche Heilmittel natürlich nicht – wie heute üblich – nach ihren Inhaltsstoffen ausgewählt. Drei Beispiele: Rizinus als Abführmittel, Leberblümchen gegen Leberleiden oder Knöllchen-Steinbrech gegen Nieren- und Gallensteine.

In einem anderen Beet sind Marien- und Zauberpflanzen wie Madonnenlilie, Andorn und Allmannsharnisch vereint. Um diese und andere Pflanzen ranken sich Legenden und Mythen. »Wir erzählen im Museum viele wahre Geschichten«, verrät die Direktorin.

Und die Superfood-Goji-Beere?

Und was hat es mit Phlox, Taglilie, Petersilie, Thymian, Salbei, Thai-Basilikum und Goji-Beere im Hochbeet auf sich? »Das ist unser Duft- und Naschbeet mit Pflanzen, die jeder kennt.« Dieses Beet diene der Museumspädagogik, denn man könne den Besuchern hier Parallelen von Kräutern und Heilpflanzen, aber auch die hohen Qualitätsanforderungen bei Arzneipflanzen aufzeigen, sagt Huwer. Dem Museumsteam sei es ein Anliegen, bei den Führungen darauf hinzuweisen, dass Apotheken nur Drogen in Arzneibuchqualität anbieten.

Die Würzkräuter aus dem Hochbeet werden gemeinsam mit den Besuchern, aber auch für die Kräuterkammer des Museums oder für gastronomische Zwecke geerntet, wie Huwer berichtet. So würzte das erste handgeschnittene Sträußchen die Kräuterbowle für die Eröffnungsgäste.

Die Goji-Beere, deren lange Triebe Ende Juni noch keine der leuchtend roten Beeren trug, wird vielfach als Superfood angepriesen. Doch ihr Beispiel veranschauliche, dass vollmundige Gesundheitsversprechen oft nicht mit wissenschaftlichen Belegen untermauert sind, so die Museumsdirektorin.

Museumsdirektorin Dr. Elisabeth Huwer (Mitte) mit Ehrengästen / Foto: Deutsches Apotheken-Museum
Eine Einführung in den Apothekengarten / Foto: Deutsches Apotheken-Museum
Hinter dem Garten weitet sich der Blick auf das Neckartal. / Foto: Deutsches Apotheken-Museum
Das Duft- und Naschbeet / Foto: Deutsches Apotheken-Museum
Ackerlöwenmäulchen (syn. Antirrhinum Misopates orontium) / Foto: Deutsches Apotheken-Museum
Flammenblume (Phlox  maculata Hybride) / Foto: Deutsches Apotheken-Museum

Huwer dankte bei der Eröffnung den vielen Beteiligten, die an der Errichtung des Gartens und seiner Ausstattung maßgeblich beteiligt waren. Darunter sind der Förderverein Deutsches Apotheken-Museum, der das Projekt größtenteils finanzierte, die Stiftung Deutsches Apotheken-Museum, die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, der Landesbetrieb Vermögen und Bau sowie die Firmen Bionorica und Schwabe.

Der Apothekengarten gehört zum Deutschen Apotheken-Museum und liegt im nicht öffentlich zugänglichen Teil der Schlossanlage. Es ist nur mit einer Führung begehbar. Die Führungen »Blühendes und Duftendes aus der alten Heilkunde« finden von Anfang Mai bis Ende Oktober statt und sind direkt beim Museum buchbar.

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