Hersteller sollten für Beratungskompetenz der Apotheker werben |
Anne Orth |
29.09.2022 15:30 Uhr |
In der Diskussionsrunde zum Thema OTC-Switch bei der BAH-Mitgliederversammlung appellierte BAK-Präsident Thomas Benkert (3. von links) an die Hersteller, die Rolle der Vor-Ort-Apotheker bei der Beratung zu OTC zu stärken. / Foto: BAH/Pietschmann
In der Diskussionsrunde während der BAH-Mitgliederversammlung gestern in Berlin tauschten sich Experten über die Bedeutung von »Rx/OTC-Switch und Selbstmedikation« für die Bevölkerung aus. BAK-Präsident Thomas Benkert betonte, dass apothekenpflichtige Arzneimittel wichtig für die Apotheken seien. OTC-Präparate verursachten zwar nur sechs Prozent der GKV-Ausgaben für Arzneimittel, stellten aber 45 Prozent aller in Apotheken abgesetzten Packungen dar.
Der BAK-Präsident wies auf die wichtige Rolle der Vor-Ort-Apotheker insbesondere bei der Versorgung von Patienten in Nacht- und Notdiensten hin. »Fast 60 Prozent der Patienten in Nacht- und Notdiensten kommen ohne Rezept in die Apotheken. Die Kollegen versorgen sie durch Beratung und den Verkauf von OTC-Präparaten«, so Benkert. Dadurch entlasteten die Vor-Ort-Apotheker Kliniken und Praxen und ersparten den Patienten insbesondere auf dem Land lange Wege. »Als Apotheker sind wir in der Fläche noch überall da, während sich die Ärzte zurückziehen«, führte der BAK-Präsident aus.
Problematisch ist laut Benkert, dass 20 Prozent der Packungen im OTC-Bereich über den Versandhandel verkauft werden. In diesem Zusammenhang müsse die Kompetenz der Apotheken vor Ort, Patienten zu OTC-Präparaten zu beraten, mehr gesehen werden. An die Adresse der Arzneimittel-Hersteller gewandt, formulierte der BAK-Präsident den Wunsch, dass diese verstärkt auf die Beratungskompetenz der Vor-Ort-Apotheker hinweisen sollten. Nur so könnten die Vor-Ort-Apotheker ihre Rolle als Lotse im Gesundheitssystem auch in Zukunft noch in der Fläche erfüllen.
Auf den Nutzen der Selbstmedikation wies Prof. Uwe May von einem Beratungs- und Forschungsunternehmen hin. Menschen, die sich behandeln ließen, gewännen dadurch Lebensqualität. Die Bedeutung der Vor-Ort-Apotheken liegt laut May vor allem darin, dass sie den Patienten einen niedrigschwelligen Zugang zur Versorgung ermöglichen. Das habe das Modellprojekt zur Grippeschutzimpfung in Apotheken gezeigt, das er für den Apothekerverband Nordrhein ausgewertet hatte. Für die Patienten sei es einfacher, sich in einer Apotheke impfen zu lassen, als dafür zum Arzt zu gehen. Die Hürde sei wesentlich geringer.
Norbert Paeschke, Leiter der Abteilung Pharmakovigilanz im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), hatte zuvor dargestellt, wie der Prozess bei einem OTC-Switch abläuft. Dabei wird die Verschreibungspflicht eines Arzneimittels aufgehoben, so dass Präparate anschließend lediglich apothekenpflichtig sind. Das Arzneimittelgesetz eröffnet diese Möglichkeit. Paeschke wies daraufhin, dass das BfArM die Möglichkeit zu einem sogenannten frühen Dialog geschaffen habe. Dabei könnten Antragsteller mit BfArM-Experten über Chancen und Risiken eines Antrags diskutieren und erhielten Hinweise der Behörde. Der Switch-Prozess laufe als mehrstufiger Prozess mit verschiedenen Beteiligten ab, informierte Paeschke.