Herausforderung Wechseljahre |
In den Wechseljahren neigen viele Frauen – mit und ohne Diabetes – zur Gewichtszunahme. Ursächlich sind neben einem altersbedingt sinkenden Grundumsatz auch erhöhte Wassereinlagerungen, die in der Perimenopause aufgrund der Estrogendominanz auftreten (Kasten). Für den Fettzuwachs in der Bauchregion ist eine veränderte Körperfettverteilung verantwortlich, die auf einen relativen Überschuss an Testosteron zurückzuführen ist. Dieser entsteht, weil der Testosteronanteil im weiblichen Körper nahezu gleichbleibt, während der Estrogenspiegel sinkt.
Hormonelle Schwankungen in den Wechseljahren lassen auch den Blutzucker schwanken. Frauen mit Diabetes drohen Hyper- und Hypoglykämien. / Foto: Adobe Stock/Kzenon
Bei Frauen mit Diabetes ist die Neigung zur Gewichtszunahme und insbesondere zum Aufbau von viszeralem Fett noch deutlich ausgeprägter als bei stoffwechselgesunden Frauen (4). Vermehrtes Bauchfett fördert jedoch die entzündliche Aktivität, da die Fettzellen selbst entzündungsfördernde Zytokine wie Interleukin-6 und Tumornekrosefaktor-α bilden, was wiederum die Insulinresistenz unterstützt (5). So entsteht ein sich selbst verstärkender Kreislauf.
Vor den Wechseljahren bietet Estrogen einen gewissen Schutz vor der Fettansammlung im Bauchraum und so auch vor der Entstehung eines Typ-2-Diabetes. Allerdings sind in Deutschland immer mehr prämenopausale Frauen übergewichtig oder adipös – laut RKI derzeit 46,7 Prozent (6). Besonders bei jüngeren Frauen im Alter von 18 bis 29 Jahren stieg die Adipositasprävalenz von 5,5 auf 9,7 Prozent in den Jahren 2010 bis 2014/2015 (6).
Durch eine viszerale Adipositas verschiebt sich das Hormonprofil zu Ungunsten der Estrogene gegenüber den Androgenen und der schützende Effekt von Estrogen sinkt. Zusätzlich sezerniert das Fettgewebe eine Vielzahl von Faktoren, die neben Typ-2-Diabetes auch Entzündungsprozesse fördern, die für Atherosklerose oder Herzerkrankungen verantwortlich sind (7).
Sinkende Estrogenspiegel erhöhen das kardiovaskuläre Risikoprofil. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind komplex und werden aktuell eingehend erforscht.
So scheint etwa die Herzinsuffizienz mit Veränderungen der mitochondrialen Homöostase zusammenzuhängen, die von Estrogenen beeinflusst wird. Denn die Hormone binden an verschiedene Rezeptoren in der mitochondrialen Membran von Herzzellen, die nach ihrer Aktivierung transkriptionelle Veränderungen in mitochondrialen und sogar in nuklearen Genen auslösen. Diese Veränderungen beeinflussen nicht nur die mitochondriale Funktion, sondern auch das Überleben der Herzzellen und wirken somit kardioprotektiv (8). Zudem reduziert Estrogen die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies und schützt vor oxidativem Stress, indem es die Produktion starker Antioxidanzien wie Superoxid-Dismutase 2 (SOD2) und Schwefelwasserstoff erhöht.
Immer mehr jüngere Frauen sind übergewichtig oder adipös. Das macht sie anfälliger für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und für Diabetes. / Foto: Adobe Stock/Luis Louro
Zusammenfassend führen Wissenschaftler die schützende Wirkung von Estrogenen vor kardiovaskulären Erkrankungen auf eine verringerte Fibrose (Vermehrung von Bindegewebe), Stimulierung der Angiogenese (Wachstum von Blutgefäßen) und Vasodilatation (Gefäßerweiterung), verbesserte Mitochondrienfunktion und geringeren oxidativen Stress zurück (8).
Hinzu kommt, dass LDL-Cholesterol bei sinkenden Estrogenspiegeln ansteigt – und damit das Herz-Kreislauf-Risiko (4). Folglich haben alle Frauen postmenopausal ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Komplikationen, insbesondere für Herzinfarkte. Dieses Risiko liegt für Frauen mit Diabetes – und ganz besonders für solche mit Übergewicht oder Adipositas – noch einmal deutlich höher. So zeigen Diabetespatientinnen mit Manifestationen des metabolischen Syndroms, zum Beispiel Adipositas, arterieller Hypertonie und Fettstoffwechselstörungen, ein dreifach erhöhtes Sterberisiko (4).