Herausforderndes Duo |
Das Ziel jeder Therapie ist es, eine stabile normoglykämische Stoffwechsellage zu erreichen und zu erhalten (5). Als Stoffwechselziel ist bei DM 1 und 2 ein HbA1c unter 7 Prozent zu erreichen, idealerweise unter 6,5 Prozent. Bei einem GDM liegt das HbA1c-Ziel unter 7 Prozent.
Das Erreichen folgender Blutglucose-Zielwerte gilt für alle Diabetesformen:
Der HbA1c-Wert sollte im Verlauf der Schwangerschaft im oberen Normbereich liegen, allerdings unter Berücksichtigung des Hypoglykämie-Risikos. Häufige Hypoglykämien der Mutter können zu Hirnschäden des Ungeborenen führen.
Anhand von Symptomen allein lässt sich ein Diabetes nicht erkennen; daher wird die Diagnose durch Bestimmung der Plasmaglucose gestellt. Verschiedene Richtlinien wie die deutsche Mutterschafts-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses vom September 2023 (13) empfehlen ein Screening zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche (Tabelle). Das American College of Obstetricians and Gynecologists empfiehlt es ebenfalls bei allen Schwangeren in diesem Zeitraum.
Testart | Plasmaglucose | Bewertung |
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Screening: 50 g Glucose in200 mL Wasser | ||
Blutentnahme nach60 Minuten | unter 135 mg/dL(7,5 mmol/L) | ok |
Blutentnahme nach60 Minuten | 135 bis 200 mg/dL(7,5 bis 11,1 mmol/L) | oGTT folgt |
Blutentnahme nach60 Minuten | ab 200 mg/dL(11,1 mmol/L) | Diagnose GDM oder Diabetes durch HbA1c-Bestimmung bestätigen und durch weitere Untersuchungen differenzieren |
oGTT: 75 g Glucose in300 mL Wasser | ||
Blutentnahme vor dem Test (nüchtern) | bis 92 mg/dL(5,1 mmol/L) | bei Erreichen oder Überschreiten eines oder mehrerer Grenzwerte: ärztliche Betreuung, bevorzugt bei einem Diabetologen |
nach 60 Minuten | ab 180 mg/dL(10,0 mmol/L) | bei Erreichen oder Überschreiten eines oder mehrerer Grenzwerte: ärztliche Betreuung, bevorzugt bei einem Diabetologen |
nach 120 Minuten | ab 153 mg/dL(8,5 mmol/L) | bei Erreichen oder Überschreiten eines oder mehrerer Grenzwerte: ärztliche Betreuung, bevorzugt bei einem Diabetologen |
Zunächst wird der orale 50-g-Suchtest eingesetzt: Die Schwangere trinkt 50 g Glucose in 200 mL Wasser aufgelöst. Sie ist nicht nüchtern und der Test kann unabhängig von der Tageszeit gemacht werden. Nach 60 Minuten wird die Plasmaglucose bestimmt. Liegt der Wert über 135 mg/dL (>7,5 mmol/L), ist das Screening positiv; zur Bestätigung muss der orale 75-g-Glucose-Toleranz-Test (oGTT) folgen. Liegt der Wert hier über 200 mg/dL (>11,1 mmol/L), wird direkt die Diagnose GDM gestellt und nüchtern der HbA1c-Wert bestimmt.
Beim oralen 75-g-Glucose-Toleranz-Test (oGTT) werden drei Messwerte erhoben und bewertet. / © Adobe Stock/MdBabul
Der 50-g-Glucose-Screeningtest wird bereits in der seit 2018 abgelaufenen S3-Leitlinie zum Gestationsdiabetes (4) kritisch hinterfragt, weil die Leitlinie strengere Kriterien vorgibt und kein Nüchternwert bestimmt wird. Allerdings übernimmt die GKV in der Regel nur die Kosten für den oGTT, wenn vorab der 50-g-Test erfolgte. In der neuen (noch nicht publizierten) Leitlinie gibt es noch keine finale Empfehlung für einen sofortigen oGTT.
Der oGTT erfolgt morgens und die Schwangere muss mindestens acht Stunden nüchtern sein. Vor dem Test wird Blut zur Bestimmung der Plasmaglucose entnommen; dies ist der T0-Wert. Die Schwangere trinkt dann 75 g Glucose, die vollständig in genau 300 mL Wasser gelöst sind. Nach 60 und 120 Minuten wird erneut Blut zur Bestimmung der Plasmaglucose entnommen. Die Tabelle zeigt die Bewertung der Ergebnisse.
Aussagekräftig ist der oGTT nur bei korrekter Ausführung; er birgt doch mehrere Fehlerquellen:
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In der noch nicht veröffentlichten neuen S3-Leitlinie zum Gestationsdiabetes mellitus werden Maßnahmen präzisiert, um die Betreuung von Schwangeren mit GDM zu verbessern und das gesundheitliche Risiko für Mutter und Kind zu senken.
Aktualisiert wurde die Diagnostik, die präzise Empfehlungen zur Durchführung und Interpretation enthält. Die Leitlinie enthält die deutlich erweiterte Empfehlung zur Insulintherapie und weniger Empfehlungen zur oralen Therapie. Anstelle der Blutzuckermessung mittels Teststreifen wird die kontinuierliche Glucosemessung bevorzugt angeraten.
Schwerpunkte liegen bei der Nachsorge der Frauen, um das Risiko für einen Typ-2-Diabetes nach der Geburt zu senken, sowie auf Präventionsmaßnahmen wie Ernährungsumstellung, mehr Bewegung und das Monitoring akzeptabler HbA1c-Werte.
Die American Diabetes Association (ADA) fordert aufgrund des steigenden Auftretens des GDM (14 Prozent weltweit), die Diagnostik auf metabolische Veränderungen bereits vor der 14. Schwangerschaftswoche anzusetzen. Ziel soll es sein, gegebenenfalls einem GDM vorzubeugen oder diesen mindestens sehr früh und effizient zu behandeln. Dadurch können Komplikationen für Mutter und Kind während der Schwangerschaft verringert werden, aber auch das Risiko für die spätere Entwicklung des Typ-2-Diabetes und von kardiovaskulären Erkrankungen (12).
Ein Screening auf eine Glucosetoleranzstörung bereits im ersten Drittel der Schwangerschaft fordern auch die Autoren einer im Sommer 2024 veröffentlichten Lancet-Serie zum Gestationsdiabetes (www.thelancet.com/series/gestational-diabetes). Die Beiträge umfassen die aktuellen Erkenntnisse zu Pathophysiologie, Screening, Management, Prävention und Langzeitkomplikationen für Mütter und ihre Babys.