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Digitale-Versorgung-Gesetz

Grüne fürchten um Patientendaten

Grüne und Patientenschützer kritisieren Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für die geplante erweiterte Nutzung von Behandlungsdaten für Forschungszwecke. Sie werfen dem Minister vor, den Datenschutz nicht ernst genug zu nehmen. Das Gesundheitsministerium weist die Vorwürfe strikt zurück.
PZ
dpa
04.11.2019  11:26 Uhr

Am kommenden Donnerstag soll der Bundestag das Digitale-Versorgung-Gesetz verabschieden. Im Kabinettsentwurf ist vorgesehen, dass die Krankenkassen Sozialdaten auf breiterer Front und schneller als bisher für Forschungszwecke zur Verfügung stellen sollen. Zu diesem Zweck soll eine bestehende »Datenaufbereitungsstelle« laut Entwurf zu einem »Forschungsdatenzentrum« mit einem »deutlich erweiterten und aktuelleren Datenangebot« weiterentwickelt werden.

Konkret sollen die Kassen Daten jedes Versicherten unter anderem zu Alter, Geschlecht, Wohnort und Behandlungen zunächst an den Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übermitteln, der sie dann weiterleitet. Vorgesehen sind Regeln zur Daten-Pseudonymisierung. Für die Bundestagsfraktion der Grünen ist es jedoch »hoch bedenklich, dass Spahn im Schweinsgalopp praktisch ohne gesellschaftliche Diskussion komplette Gesundheitsdaten der gesetzlich Versicherten für die Forschung zugänglich machen möchte«, wie die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion, Maria Klein-Schmeink, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte. Sie bemängelte auch, dass Regelungen zu Löschfristen und Widerspruchsmöglichkeiten erst im Nachgang per Verordnung folgen sollen.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, betonte, niemand bezweifele die Notwendigkeit, Zahlen und Fakten für Medizin und Pflege in Deutschland zu erheben. Zuständig ist aus seiner Sicht das Statistische Bundesamt. So sei gewährleistet, dass beim Sammeln von Informationen »höchste Datenschutzstandards« eingehalten werden. »Wenn der Bundesgesundheitsminister das durchlöchern will, braucht es das Einverständnis der Betroffenen. Doch der Datenschutz für Patienten spielt bei Jens Spahn eher eine untergeordnete Rolle«, sagte Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Schon das Konzept zur Einführung der elektronischen Patientenakte sei dafür ein »erschreckendes Beispiel«.

Das Bundesgesundheitsministerium wies die Vorwürfe zurück. »Wir nehmen Datenschutz und -sicherheit immer sehr ernst. Gesundheitsdaten sind die sensibelsten Daten, die es gibt«, stellte Ministeriumssprecher Hanno Kautz am Samstag klar. Das beschriebene Verfahren bestehe bereits seit vielen Jahren. Abrechnungsdaten würden bereits heute für die Forschung in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt. »Ein Problem bei Datenschutz und Datensicherheit hat es nie gegeben - und die Grünen haben bisher auch nie eines behauptet«, betonte der Sprecher.

Mit dem neuen Verfahren werde sichergestellt, dass Daten vor allem schneller und in besserer Qualität als bisher und nicht um Jahre zeitverzögert für die Forschung zugänglich werden. Eine gute Versorgungsforschung komme chronisch kranken Patienten zugute. »Es wäre unethisch, Versorgung nicht durch Nutzung anonymisierter Daten zu verbessern, obwohl man es könnte«, sagte Kautz. Es würden auch künftig nur anonymisierte Daten zur Verfügung gestellt. Die berechtigten Forschungsinstitutionen seien im Gesetz abschließend aufgezählt und eng eingegrenzt. Die Industrie zähle nicht dazu.

 

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