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Fachjournal »Science«

GLP-1-Agonisten sind Durchbruch des Jahres 2023

»Fettleibigkeit hat ihren Gegenspieler gefunden« überschreibt das Wissenschaftsjournal »Science« seine Entscheidung, den Blockbuster-Medikamenten zur Gewichtsreduktion, den Inkretinmimetika oder GLP-1-Agonisten, den Titel »Breakthrough of the Year 2023« zu verleihen.
Theo Dingermann
18.12.2023  12:00 Uhr

In jedem Jahr kürt das Fachjournal »Science« eine wissenschaftliche Entdeckung oder Neuerung zum »Durchbruch des Jahres«. Nach der KI-unterstützten Proteinstrukturvorhersage im Jahr 2021 und dem James Webb Space Telescope der NASA im Jahr 2022 fiel in diesem Jahr die Wahl auf die Wirkstoffgruppe der Inkretinmimetika. Und das kam wenig überraschend. Denn wie es scheint, hat man damit einen Schlüssel gefunden, um einer der immer größer werdenden Epidemien unserer Zeit mit einem pharmakologischen Konzept zu begegnen.

Dabei sind die Inkretinmimetika alles andere als neu. In den frühen 1980er-Jahren entdeckten Forschende, die sich mit Diabetes und der Blutzuckerregulation beschäftigten, das Darmhormon (Inkretin) GLP-1. Bereits in den 1990er-Jahren zeigten dann Experimente mit Ratten, dass die Tiere weniger Nahrung aufnahmen, wenn man ihnen GLP-1 ins Gehirn injiziert hatte. In kleineren Studien konnte dann der appetithemmende Effekt auch bei gesunden jungen Männern gezeigt werden, denen man GLP-1 intravenös verabreicht hatte.

Mit Exenatid (Byetta™) wurde dem ersten GLP-1-Agonisten im Jahr 2006 die Zulassung in der Europäischen Union (EU) erteilt. Im Jahr 2009 erhielt dann Liraglutid (Victoza®) eine Zulassung. Heute sind zusätzlich Dulaglutid (Trulicity®), Lixisenatid (Lyxumia®), Semaglutid (Ozempic® und Wegovy®) und Tirzepatid (Mounjaro®) in der EU zugelassen.

In der Würdigung der GLP-1-Agonisten als Durchbruch des Jahres erinnert die Wissenschaftsjournalistin Jennifer Couzin-Frankel daran, dass mit den GLP-1-Agonisten erstmals Wirkstoffe zur Verfügung stehen, die das Ende einer unrühmlichen Vergangenheit pharmakologischer Verzweiflungstaten im Bezug auf Appetitzügler einläuten könnten. Mit dem Einsatz von Amphetaminen und Diuretika bis hin zu der Kombination aus Phentermin und Fenfluramin, das in den USA Fen-Phen bekannt und als Pondimin® zugelassen war, wurden betroffenen Patienten Arzneimittel angeboten, die teils katastrophale Herz- und Lungenerkrankungen auslösten und daher zwischenzeitlich längst vom legalen Markt verschwunden sind.

Allerdings haben sie eine Bedarfslücke hinterlassen. Diese Lücke könnten die Inkretinmimetika schließen.

Kein Grund für übertriebenen Optimismus

Vor übertriebenen Optimismus warnt jedoch in einem begleitenden Editorial der Chefredakteur von Science, Professor Dr. H. Holden Thorp. Denn so vielversprechend die GLP-1-Agonisten auch sein mögen, so haben sie bisher mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Thorp bezeichnet dies als ein Kennzeichen für einen echten Durchbruch.

Zu den Problemen zählt er die Kosten und die schlechte Verfügbarkeit der Arzneimittel. Zudem zeigt sich immer deutlicher, dass die therapeutischen Effekte sofort nachlassen, wenn die Wirkstoffe abgesetzt werden. Damit drängen sich Fragen nach den Langzeiteffekten hinsichtlich Wirksamkeit und Verträglichkeit auf.

Auch die PZ hat umfangreich nicht nur über die Fortschritte, die die GLP-1-Agonisten zweifelsfrei erbracht haben, sondern auch über die Probleme berichtet, die seit dem Siegeszug dieser Wirkstoffklasse offensichtlich wurden. Zu den Problemen zählen auch die Arzneimittel-Fälschungen, die eine große Gefahr für die Patienten darstellen.

Aber eines haben GLP-1-Agonisten bereits jetzt gezeigt: Sie räumen mit dem diskriminierenden Narrativ auf, wonach Fettleibigkeit das Ergebnis einer mangelnden Willenskraft ist. Thorp weist darauf hin, dass für ein krankhaftes Übergewicht biochemische Prozesse und nicht geistige Beschränktheit verantwortlich sind. Diese Medikamente unterbrechen das übertriebene Verlangen nach Nahrungsaufnahme und stoppen einen aus der Kontrolle geratenen Appetit. Und allein diese Tatsache kann als ein Durchbruch gewertet werden.

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