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SARS-CoV-2

Gerinnungschaos bei Covid-19-Patienten

Violette Hautausschläge, geschwollene Beine, verstopfte Katheter und plötzlich der Tod: Hinter diesem Geschehen bei Covid-19 scheinen kleine und große Blutgerinnsel zu stecken, die sich immer häufiger als gefährliche Komplikation entpuppen.
Theo Dingermann
11.05.2020  09:20 Uhr

Der virale Einfluss

Warum die Gerinnungshomöostase so aus dem Tritt gerät, ist nach wie vor ein Rätsel. Eine Möglichkeit ist, dass SARS-CoV-2 die Endothelzellen direkt angreift. Diese Zellen sind gespickt mit ACE2-Rezeptoren, die dem Virus Zutritt in die Zellen eines infizierten Patienten verschaffen. Und es gibt auch Hinweise darauf, dass Endothelzellen tatsächlich infiziert werden können.

Für Nierengewebe berichten dies Forscher des Universitätsspitals Zürich und des Brigham and Women's Hospital in Boston, Massachusetts (»The Lancet«, DOI: 10.1016/S0140-6736(20)30937-5). Durch die Infektion mit dem Virus könnte diese wichtige Zellschicht in allen Blutgefäßen so geschädigt sein, dass die Gerinnungsmaschinerie initiiert wird, spekulieren die Forscher.

Auch könnten die Auswirkungen auf das Immunsystem die Gerinnung beeinflussen. Bei einigen Covid-19-Patienten sezernieren die Immunzellen so viele Zytokine, dass dieses an sich wichtige Verteidigungssystem zu einer generellen, lebensgefährlichen Gerinnungsstörung eskaliert. Zudem kann das Virus das Komplementsystem aktivieren. Auch dies könnte mit Gerinnungsstörungen einhergehen.

Wenn dann noch andere Risikofaktoren wie fortgeschrittenes Alter oder Übergewicht, erhöhter Bluthochdruck oder Diabetes, hohes Fieber und möglicherweise eine genetische Veranlagung für eine Gerinnungsstörung hinzukommen, ist diese fast schon zu erwarten.

Wettlauf bei der Suche nach neuen Therapien

Noch während versucht wird, die Gründe und Mechanismen der schweren Covid-19-Komplikation zu verstehen, hat die Suche nach möglichen Therapieoptionen bereits begonnen. Antikoagulanzien drängen sich da förmlich auf. Sie gehören sowieso zum Standard-Medikamenteninventar einer Intensivstation. Jedoch scheinen sie in den Standarddosierungen nur unzureichend wirksam zu sein. »Uns beschäftigt die Frage, wie aggressiv wir diese Medikamente einsetzen sollten«, sagte Professor Dr. Robert Flaumenhaft, Leiter der Abteilung für Homöostase und Thrombose am Beth Israel Deaconess Medical Center in New York City, gegenüber »Nature«.

Forscher um Ishan Paranjpe von der Mount Sinai School of Medicine in New York City berichteten im »Journal of the American College of Cardiology« von Erfolgen einer Therapie mit Antikoagulanzien (DOI: 10.1016/j.jacc.2020.05.001). Sie beobachteten, dass Patienten, die eine mechanische Beatmung benötigten, eindeutig von einer Therapie mit Antikoagulanzien profitierten. So lag die Mortalität in der mit Antikoagulanzien behandelten Gruppe bei 29,1 Prozent mit einer medianen Überlebenszeit von 21 Tagen. In der Vergleichsgruppe lag die Mortalität bei 62,7 Prozent mit einer medianen Überlebenszeit von neun Tagen. Die Autoren ermitteln für jeden zusätzlichen Tag der Antikoagulation eine adjustierte Hazard Ratio von 0,86. Allerdings handelt es sich bei diesen Daten um eine retrospektive Auswertung. Daher ist die Aussagekraft der Studie begrenzt. Weil es jedoch bisher keine Daten aus randomisierten Studien gibt, bilden sie derzeit eine relevante Entscheidungsgrundlage.

Es laufen auch Studien, mit denen der Einsatz des Gewebeplasminogenaktivators tPA evaluiert wird. Zwar könnte sich dieser Wirkstoff als effektiver erweisen. Allerdings muss auch mit einem höheren Risiko für schwere Blutungen gerechnet werden.

Derzeit bleibt zunächst nur zu hoffen, so die Autorin des »Nature«-Berichts Willyard, dass diese und andere Studien die notwendigen Daten liefern werden, um Ärzte bei den so schwierigen Behandlungsentscheidungen relevant zu unterstützen.

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