Genug ist genug, liebe Ärzte! |
Die Dreistigkeit des ärztlichen Auftretens gipfelt nun in einem Mitglieder-Rundschreiben der KV Hessen an rund 12.000 Kassenärzte in der Region. Die KV-Bosse aus Hessen, offenbar schon seit Wochen angefressen, weil ihnen die Apotheken (Anmerkung der Redaktion: Achtung, Ironie!) mit Impfungen und Medikationsberatungen große Teile ihres Honorars wegnehmen, rufen ihre Mitglieder nun öffentlich zum Rechtsbruch auf. Ohne Zustimmung der Patienten sollen die Mediziner mögliche Beratungsfehler aus Apotheken dokumentieren, damit die verärgerten Standesvertreter mit diesen datenschutzrechtlich fragwürdig eingesammelten Geschichten Politik machen können. Hinzu kommt die Aufforderung, die Apotheken darauf hinzuweisen, dass man beim Sprechstundenbedarf auch alternative Wege gehen könne. Recht kreativ – aber aus rechtlicher Sicht mindestens genauso grenzwertig – ist die Idee, über Rezeptterminals Rezepte an Anbieter weiterzuleiten, die »nicht durch inkompetente Beratung belastet« seien. Makelverbot, verbotene Rezeptzuweisung, freie Apothekenwahl – es sind so einige Vorschriften und Gesetze, die die KV hier öffentlich in Frage stellt. Dabei wäre ein bisschen Selbstkritik durchaus angebracht: Von grob fehlerhaften ärztlichen Verordnungen können nicht nur Apothekerinnen und Apotheker ein Lied singen, sondern auch Pflegerinnen und Pfleger.
Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass die Standesfürsten der Ärzte im Wahn des Kompetenzgerangels mit dem Versandhandel liebäugeln und den Apotheken mit der Rezept-Abwanderung drohen. Wirklich schlimm wird der an 12.000 Kassenärzte verteilte Text der KV-Bosse erst, weil er auch gegen jegliche Anstandsregeln verstößt. Die Apothekerinnen und Apotheker werden als »sozial benachteiligte Berufsgruppe« bezeichnet, außerdem wird von einer »Kriegserklärung« gesprochen und gefordert, den Apothekern »Grenzen« zu setzen. Die Politik und die wichtigen Organisationen des Gesundheitswesens sollten sich dieses Verhalten merken. Gibt man den Ärzten und ihren Forderungen weiter nach, werden die Politikerinnen und Politiker erpressbar und die ärztlichen Methoden, Aussagen sowie der Ton immer dreister. Ebenso wichtig ist jetzt aber auch, dass sich die Standesvertretung der Apotheker entschlossen vor die eigenen Mitglieder stellt und ein klares Signal an die ärztlichen Standesfürsten aussendet: Diskussion ja, Beleidigungen nein!
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.