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Kommentar

Genug ist genug, liebe Ärzte!

Die Kassenärzte machen derzeit keine gute Figur. Erst fordern sie einen Digitalisierungsstopp und Gebühren fürs E-Rezept-Ausstellen, drohen dann mit einem Abrechnungsboykott bei Bürgertests und nun beleidigen sie Apotheker als »sozial benachteiligte Gruppe«. Die Politik sollte dieses Verhalten wahrnehmen und die Standesvertretung der Mediziner kritischer betrachten, meint PZ-Chefredakteur Benjamin Rohrer.
Benjamin Rohrer
05.07.2022  18:00 Uhr

Immer wenn man meint, dass die Standesvertretung der niedergelassenen Ärzteschaft eigentlich nicht noch unglücklicher auftreten kann, erzeugt irgendeine Kassenärztliche Vereinigung (KV) oder ein regionaler Hausärzteverband erneutes Kopfschütteln. Schon mit ihrer Einstellung zu den Digitalisierungsprojekten im Gesundheitswesen sorgten die Mediziner in diesem Jahr für Verwunderung. Im Spiel war der Ruf nach einem Komplett-Stopp der Digitalisierung, einem sofortigen Abbruch der E-Rezept-Einführung. Das stetige Motto dabei lautet sinngemäß: »Wenn ihr es nicht so macht, wie wir wollen, sind wir einfach gar nicht dabei!«

Die Strategie dahinter ist klar: Mit ihren andauernden Boykott-Androhungen erzeugen die Mediziner im Bundestag, im Bundesgesundheitsministerium (BMG) und der Gematik eine so große Panik, dass man stets einen Schritt auf die Kassenärzte zumacht. So wurde beispielsweise vereinbart, »Anreizsysteme« für Ärzte zu prüfen, damit diese überhaupt bei den E-Rezept-Tests mitmachen. Worauf das hinausläuft, ist klar: Letztlich wollen die Mediziner eine Gebühr für die E-Rezept-Ausstellung kassieren.

Immer das gleiche Spielchen

Das gleiche Spielchen zeigte sich zuletzt bei den Coronatests: Weil die KVen angeblich juristische Bedenken bei den neuen Kontrollpflichten sehen, drohten sie mit einem Abrechnungsboykott. Das gesamte Test-System drohte zusammenzubrechen, weil alle Testzentren über die KVen abrechnen. Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) parierte, traf sich kurzerhand persönlich mit dem Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Andreas Gassen und entlastete die mit ihren Verwaltungsaufgaben so überfrachteten Mediziner – die meisten Kontrollen werden nun vom Bund durchgeführt. Übrigens: Für einen Termin mit der Standesvertretung der Apotheker hatte der Arzt und SPD-Gesundheitspolitiker Lauterbach bislang keine Zeit – in zehn Monaten Amtszeit.

KV mit juristisch fragwürdigen Aussagen

Die Dreistigkeit des ärztlichen Auftretens gipfelt nun in einem Mitglieder-Rundschreiben der KV Hessen an rund 12.000 Kassenärzte in der Region. Die KV-Bosse aus Hessen, offenbar schon seit Wochen angefressen, weil ihnen die Apotheken (Anmerkung der Redaktion: Achtung, Ironie!) mit Impfungen und Medikationsberatungen große Teile ihres Honorars wegnehmen, rufen ihre Mitglieder nun öffentlich zum Rechtsbruch auf. Ohne Zustimmung der Patienten sollen die Mediziner mögliche Beratungsfehler aus Apotheken dokumentieren, damit die verärgerten Standesvertreter mit diesen datenschutzrechtlich fragwürdig eingesammelten Geschichten Politik machen können. Hinzu kommt die Aufforderung, die Apotheken darauf hinzuweisen, dass man beim Sprechstundenbedarf auch alternative Wege gehen könne. Recht kreativ – aber aus rechtlicher Sicht mindestens genauso grenzwertig – ist die Idee, über Rezeptterminals Rezepte an Anbieter weiterzuleiten, die »nicht durch inkompetente Beratung belastet« seien. Makelverbot, verbotene Rezeptzuweisung, freie Apothekenwahl – es sind so einige Vorschriften und Gesetze, die die KV hier öffentlich in Frage stellt. Dabei wäre ein bisschen Selbstkritik durchaus angebracht: Von grob fehlerhaften ärztlichen Verordnungen können nicht nur Apothekerinnen und Apotheker ein Lied singen, sondern auch Pflegerinnen und Pfleger.

Jeglicher Anstand geht im Kompetenzgerangel verloren

Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass die Standesfürsten der Ärzte im Wahn des Kompetenzgerangels mit dem Versandhandel liebäugeln und den Apotheken mit der Rezept-Abwanderung drohen. Wirklich schlimm wird der an 12.000 Kassenärzte verteilte Text der KV-Bosse erst, weil er auch gegen jegliche Anstandsregeln verstößt. Die Apothekerinnen und Apotheker werden als »sozial benachteiligte Berufsgruppe« bezeichnet, außerdem wird von einer »Kriegserklärung« gesprochen und gefordert, den Apothekern »Grenzen« zu setzen. Die Politik und die wichtigen Organisationen des Gesundheitswesens sollten sich dieses Verhalten merken. Gibt man den Ärzten und ihren Forderungen weiter nach, werden die Politikerinnen und Politiker erpressbar und die ärztlichen Methoden, Aussagen sowie der Ton immer dreister. Ebenso wichtig ist jetzt aber auch, dass sich die Standesvertretung der Apotheker entschlossen vor die eigenen Mitglieder stellt und ein klares Signal an die ärztlichen Standesfürsten aussendet: Diskussion ja, Beleidigungen nein!

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