Geht es auch ohne Antibiotikum? |
Eine unkomplizierte Blasenentzündung verursacht häufig Schmerzen, imperativen Harndrang und Brennen beim Wasserlassen. Mit nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten kann die Erkrankung unter Umständen schon ausreichend behandelt werden. Häufig ist jedoch (auch) ein Antibiotikum notwendig. / © Getty Images/Westend61/4r3p
Einen Harnwegsinfekt ohne Antibiotika zu behandeln, war vor einigen Jahren noch undenkbar. Inzwischen können laut der S3-Leitlinie »Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen (HWI)« der Deutschen Gesellschaft für Urologie unter bestimmten Voraussetzungen (zunächst) nicht antimikrobielle Therapieoptionen zum Einsatz kommen. Das Risiko für die Entstehung resistenter Bakterienstämme spielt als Hintergrund eine Rolle, aber auch der Umstand, dass manche Betroffene unter wiederkehrenden HWI leiden.
Infrage kommen nicht antibiotische Therapieoptionen bei unkomplizierten HWI. Als kompliziert gelten HWI bei Schwangeren und bei Männern sowie wenn funktionelle oder anatomische Anomalien, relevante Nierenfunktionsstörungen oder relevante Begleiterkrankungen vorliegen. Zu Letzteren gehören unter anderem Störungen der Immunabwehr, etwa durch eine HIV-Infektion, einen schlecht eingestellten Diabetes mellitus oder eine Chemotherapie.
In erster Linie kommt eine Behandlung im Rahmen einer Selbstmedikation somit für ansonsten gesunden Frauen mit einer Infektion der unteren Harnwege (Zystitis) infrage. Diese äußert sich durch Beschwerden beim Wasserlassen wie Brennen oder Schmerzen, imperativen und/oder häufigen Harndrang sowie Schmerzen oberhalb der Symphyse. Hingegen weisen Flankenschmerz, Schmerzen in der Nierengegend und/oder Fieber auf eine Beteiligung der oberen Harnwege hin und es ist zum Arztbesuch zu raten.
Wesentliches Therapieziel bei einer unkomplizierten Zystitis ist es, die akuten Beschwerden zu lindern. Eine nicht antibiotische Therapie kann dabei (zunächst) versucht werden. Nicht antibiotische Therapieoptionen können auch ergänzend zu Antibiotika angewendet werden.
Infrage kommen nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac, aber auch Phytopharmaka wie Bärentraubenblätterextrakt (zum Beispiel Cystinol akut® oder Arctuvan®), Liebstöckel/Rosmarin/Tausendgüldenkraut (BNO 1045, Canephron®) oder D-Mannose (etwa Femannose®). Häufig, aber nicht immer, können auf diese Weise Antibiotika eingespart werden. Die Leitlinie verweist auf verschiedene Untersuchungen; über alle Studien hinweg ergab sich eine Antibiotika-Einsparung von 63 Prozent. Bei Bärentraubenblättern waren es 64 Prozent und bei BNO 1045 sogar 84 Prozent.
Für Bärentraubenblätter gilt: Im Rahmen einer Selbstmedikation sollten entsprechende Arzneimittel nicht länger als eine Woche und nicht häufiger als fünfmal pro Jahr angewendet werden. Anders als früher angenommen spielt der pH-Wert des Urins für die Wirkung keine Rolle. Das Prodrug Arbutin wird im Dünndarm resorbiert und in der Leber enzymatisch gespalten. Dabei entstehen Hydrochinon-Konjugate, deren Spaltung intrabakteriell und damit unabhängig vom Urin-pH erfolgt.
D-Mannose eignet sich sowohl zur Behandlung akuter Infekte als auch zu deren Vorbeugung. Der Einfachzucker bindet an die Fimbrien von E. coli, dem häufigsten Erreger von Blasenentzündungen. Die Bakterien können sich dann nicht mehr an die Blasenwand anheften und werden mit dem Urin ausgeschieden. Unterstützend sollte stets auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden.