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Landesapothekerkammer Hessen

Funke will keinen »ministeriellen Maulkorb«

Das geplante Apotheken-Stärkungsgesetz hängt derzeit in der Warteschleife, beinhaltet aber nach wie vor Sprengstoff. Kammerpräsidentin Ursula Funke nutzte die Zentrale Fortbildung in Gießen dazu, den anwesenden Apothekern klar zu machen, wie wichtig es ist, das Gesetzesvorhaben weiterhin kritisch zu begleiten und mit den Abgeordneten in den Wahlkreisen im Gespräch zu bleiben. »Wir lassen uns keinen ministeriellen Maulkorb aus Berlin verhängen.«
Elke Wolf
09.11.2019  23:00 Uhr

»Sie können sich sicher sein, dass sich ihre Kammer keinen ministeriellen Maulkorb aus Berlin verhängen lässt. Es ist unsere Pflicht und Aufgabe, mit unserer Landesregierung im Dialog zu bleiben, wie gute Arzneimittelversorgung aussieht - das ist unsere ureigenste Aufgabe als Körperschaft im Land. Bei Befassung des Bundestages werden wir intensiv die Abgeordneten informieren und mit ihnen ausführlich sprechen. Hier müssen wir die Auswirkungen nochmals mit allen Details verdeutlichen«, sagte Funke eindringlich. Ob und wann das Kanzleramt den Gesetzesentwurf freilich in den Bundestag einbringt, ist derzeit unklar. Denn zuvor will das Bundeskabinett das Votum der EU-Kommission abwarten. Und auch da gibt es bekanntlich Verzögerungen.

Funke spielte auf die Äußerungen Jens Spahns beim Deutschen Apothekertag an. Seine Aussagen »90 Prozent Gleichpreisigkeit sind besser als 0 Prozent« und er mache gar nichts mehr, wenn die Apothekerschaft die Länder bemühe, ein Gesetzgebungsverfahren auf den Weg zu bringen und der Meinung sei, die Länder könnten das verfassungs- und europarechtlich besser, ist für Funke »eine Missachtung unseres föderativen Staatsaufbaus«.

Funke machte in ihrer Rede zur politischen Lage aber auch darauf aufmerksam, dass der Gesetzesentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken neben den Fragen zur Regelung der Gleichpreisigkeit auch noch andere wichtige Aspekte enthält, die es zu berücksichtigen gilt. So etwa das Makelverbot für elektronische Rezepte. »Es darf keinerlei Rezeptzuweisungen oder -schiebereien geben. Wenn alles elektronisch geht, braucht es nicht viel Fantasie, was dann alles möglich würde.«

Von den weiteren kritisch diskutierten Punkten sind die Grippeimpfungen in der Apotheke und die Möglichkeit der Wiederholungsverordnung aus dem ursprünglichen Gesetzesentwurf herausgelöst worden und ins Masernschutzgesetz gewandert, berichtete Funke. Doch Vorsicht: »Zwar klingen Wiederholungsverordnungen auf den ersten Blick gut. Doch in Zusammenhang mit dem E-Rezept und ohne Makelverbot helfen sie uns sicher nicht, sondern sind für uns Apotheken extrem schädlich. Leider war der Minister nicht bereit, den Punkt Makelverbot auch im Masernschutzgesetz unterzubringen.«

Wohlüberlegter Botendienst

Besonderes Augenmerk lenkte Funke auf den Stichpunkt Botendienst. »Uns ist es im Gespräch mit den Länderministerien gelungen, die für uns überhaupt nicht akzeptablen Spahnschen Vorstellungen zum Botendienst abzuändern.« Nach den urspünglichen Plänen hätte der Bote aus EINER Apotheke (eventuell Holland) und nicht aus DER Apotheke kommen sollen. Die auf den ersten Blick Ein-Wort-Marginalie konnte man nun jedoch abändern. »Nun muss der Bote zum Personal der Apotheke gehören, die den Botendienst anbietet. So ist die Anbindung an die Apotheke vor Ort gewährleistet«, erklärte die Kammerpräsidentin.

Diese bedeute nun aber auch, dass Botendienst nun grundsätzlich möglich ist– nicht nur im Einzelfall, wie bislang, informierte Funke. »Ich werbe dafür, dass wir Apotheker sehr überlegt vorgehen müssen, wie wir mit diesem Botendienst umgehen. Wir müssen uns gut überlegen und die Folgen bedenken, ob wir den Botendienst flächendeckend als weitere Versorgungsform etablieren wollen.« Denn damit würden Patienten und Kunden bedient, die nicht mehr in die Apotheke kommen. Der persönliche Kontakt in der Apotheke geht dann verloren.

»Dieser Botendienst kann die direkte Beratung nie ersetzen, er kann immer nur zweite Wahl sein. Es muss uns bewusst sein, alle Maßnahmen, die es Patienten und Kunden 'ersparen', diesen direkten Kontakt in der Apotheke zu erleben, bereiten den Boden für eine Arzneimittelversorgung außerhalb der Apotheke – und damit auch zur Trivialisierung des Arzneimittels. Der Weg ist dann vorgezeichnet: die Apotheke wird nur noch ein gutes und gesichertes Arzneimittellager.«

 

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