Fünf Pharmaunternehmen künftig »pandemiebereit« |
Ev Tebroke |
01.10.2021 16:30 Uhr |
Impfstoff-Produktion im großen Stil soll künftig im Pandemiefall schnell möglich sein. Das regeln entsprechende Stand-By-Verträge mit Pharmaunternehmen, deren Ausschreibung derzeit läuft. / Foto: Adobe Stock/Ekaterina_1525
Die Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 ist sicher eine Erfolgsgeschichte. In nicht einmal einem Jahr standen in Deutschland und der EU wirksame Vakzine gegen Covid-19 bereit – normalerweise braucht es dazu mehrere Jahre. Trotzdem hat die Pandemie auch gezeigt, welche Schwierigkeiten bei einer notwendigen adhoc-Produktion von Impfstoffen im großen Stil bestehen. Beteiligte Pharmaunternehmen und -hersteller wie Pfizer, Biontech, Astra-Zeneca und andere mussten erst die entsprechenden Produktionskapazitäten schaffen, Standorte umrüsten oder neu aufbauen, um die Vakzine produzieren und die enorme Nachfrage bedienen zu können.
Um bei zukünftigen Pandemien schneller mit entsprechenden Impfstoffen und Therapeutika reagieren zu können, hat nun das neu errichtete Zentrum für Pandemie-Impfstoffe und -Therapeutika (ZEPAI) am Paul-Ehrlich-Institut (PEI) seinen Dienst aufgenommen, wie das PEI am Freitag mitteilte. Die Leitung hat kommissarisch Professor Isabelle Bekeredjian-Ding übernommen, Leiterin der Abteilung Mikrobiologie des PEI. Einen entsprechenden Auftrag zur Errichtung eines solchen Zentrums hatte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) dem PEI am 14. September erteilt. Demnach soll das ZEPAI zukünftig die Entwicklung und Herstellung von Impfstoffen unterstützen und koordinieren sowie deren Distribution im Pandemiefall übernehmen. Seine Aufgaben umfassen dabei den Aufbau entsprechender Infrastrukturen in Deutschland sowie die nationale und internationale Vernetzung.
Für die schnellere Bereitstellung von Produktionskapazitäten sollen künftig ausgewählte Pharmaunternehmen dauerhaft »pandemiebereit« sein, wie der Leiter der Taskforce Impfstoffproduktion beim Bundeswirtschaftsministerium, Christoph Krupp (SPD), im Vorfeld erläuterte. Im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) am 30. September beschrieb der Impfstoffbeauftragte des Bundes unter anderem die Entstehung und die Ausgestaltung dieses Vorhabens. Demnach hatte das BMG auf dem sogenannten Impfgipfel im Februar die Gründung einer Taskforce Impfstoffproduktion beschlossen. Diese nahm im März ihre Tätigkeit auf mit der Aufgabe, hierzulande eine resiliente Produktionsstruktur aufzubauen.
Während es im Fall der Corona-Pandemie bei den einzelnen Pharmaunternehmen zwischen 9 bis 18 Monate gedauert habe, bis entsprechende Kapazitäten zur Produktion eines Corona-Impfstoffs gestanden hätten, seien Unternehmen, die die Produktionsprozesse bereits kennen, innerhalb von drei Monaten produktionsfähig, so der Impfstoffbeauftragte. Deshalb habe man nun die Idee sogenannter Pandemiebereitschaftsverträge entwickelt. Fünf Pharmaunternehmen sollen sich Krupp zufolge dauerhaft bereithalten, »im Falle eines Falles innerhalb von drei Monaten Impfstoff zu liefern«. Dafür sollen sie eine feste regelmäßige Bereitschaftsgebühr erhalten, deren Höhe noch nicht feststehe.
Die Ausschreibung läuft bereits. Der Vertrag beinhaltet Krupps Angaben zufolge neben der Bereitschaftsverpflichtung auch eine Herstellungs- sowie eine Liefervereinbarung. Den Unternehmen werden offenbar keine Vorgaben gemacht, wie sie die Produktion organisieren sollen. Krupp betonte explizit die »große Freiheit für Unternehmen«. Lediglich die Pandemiebereitschaft soll demnach regelmäßig kontrolliert werden, was dann Aufgabe des ZEPAI sein dürfte. Bewerben können sich nach Angaben des Experten sowohl Vertragshersteller als auch die Originalhersteller selbst. Die Verträge sollen eine Laufzeit von fünf Jahren haben. Die Taskforce, die das Verfahren noch zu Ende führt, hofft auf ein Vergabeergebnis bis Ende 2021.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.