Fortschritte und Fragen |
Annette Rößler |
10.04.2025 09:00 Uhr |
Menschen leben heute in einer adipogenen Umgebung. Den täglichen Verlockungen zu widerstehen, sich gewichtsbewusst zu ernähren und zu verhalten, kann sehr viel Disziplin erfordern. / © Imago Images/dts Nachrichtenagentur
Die großen Therapieerfolge, die sich mit den verfügbaren und absehbar hinzukommenden Wirkstoffen erzielen lassen, werfen allerdings auch Fragen auf. Erstens: Wann werden die Firmen genügend produzieren, um die Nachfrage zu decken? Lieferengpässe sind derzeit an der Tagesordnung.
Zweitens: Wer kommt für die Kosten auf? Solange Mittel zur Gewichtsreduktion nicht erstattungsfähig sind, werden sie denjenigen vorbehalten bleiben, die sie sich leisten können beziehungsweise es werden weiterhin – wie derzeit – die entsprechenden Diabetesmedikamente in großem Stil »zweckentfremdet« werden.
Schließlich stellt sich drittens die Frage nach der langfristigen Perspektive. Unter Daueranwendung der Inkretinmimetika wird das niedrigere Gewicht gehalten, nach dem Absetzen nehmen die meisten Betroffenen aber rasch wieder zu. In der Leitlinie heißt es dazu: »Das Hauptproblem bei der Behandlung der Adipositas besteht weniger in der kurzfristigen Gewichtsabnahme als der Stabilisierung des reduzierten Körpergewichts.«
Um den Therapieerfolg auch nach dem Absetzen der Medikation zu sichern, führt an einer dauerhaften Umstellung der Lebensweise kein Weg vorbei. Dies schaffen nur wenige Betroffene, da sich ja weder an ihrer Biologie noch der adipogenen Umgebung etwas geändert hat.
Adipositas sei als chronische Erkrankung mit hoher Rezidivneigung zu betrachten, schreiben die Leitlinienautoren. Deshalb sollen Patienten über die Phase der Gewichtsabnahme hinaus weiter betreut werden. Um Betroffene bei der Stabilisierung des Gewichts zu unterstützen, kommen auch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) infrage, deren Kosten bei einer ärztlichen Verordnung von den Krankenkassen übernommen werden.
Annette Rößler studierte Pharmazie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und erhielt 2002 die Approbation als Apothekerin. Sie arbeitete mehrere Jahre in Krankenhaus- und verschiedenen öffentlichen Apotheken in Schweden und Deutschland. Nach Volontariat bei der Springer-Medizin-Verlagsgruppe und Tätigkeit als Redakteurin im Newsroom der Ärzte Zeitung wechselte sie 2011 zur Pharmazeutischen Zeitung.