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Opioide

Fehlversorgung in der Schmerztherapie

Bei Schmerzen durch schwere Tumorerkrankungen zählt der Einsatz von Opioiden unbestritten zur Standardbehandlung. Auch beim nichttumorbedingten Schmerz (CNTS) können sie ein wichtiger Bestandteil der medikamentösen Schmerztherapie sein.
AutorKontaktChristiane Berg
Datum 15.01.2019  12:10 Uhr

Die Interpretation der Datenlage zur Effektivität bei den verschiedenen CNTS-Indikationen ist jedoch umstritten. Das machte bei der Fortbildungsveranstaltung »Opium für alle?« für Mediziner und Pharmazeuten am 12. Januar 2019 in Bad Segeberg Professor Dr. Jost Steinhäuser, Lübeck, deutlich. Steinhäuser verwies auf die klinische Leitlinie »Langzeitanwendung von Opioiden bei nichttumorbedingten Schmerzen«.

Danach weisen die Zahlen deutscher Krankenkassen auf einen Anstieg von Einzel- und Langzeitverordnungen opioidhaltiger Analgetika bei CNTS- Patienten hin. Insbesondere die Langzeitanwendung werde mit Blick auf die Diskrepanz zwischen klinischer Anwendung, Evidenz und Nutzen-Risiko-Abschätzung national und international kritisch diskutiert.

Steinhäuser zeigte auf, dass opioidhaltige Analgetika leitliniengemäß eine medikamentöse Therapieoption in der kurzfristigen, sprich vier- bis zwölfwöchigen Behandlung chronischer Schmerzen entsprechender Intensität sein können, zum Beispiel bei Arthrose, diabetischer Polyneuropathie, Postzosterneuralgie oder chronischen Rückenschmerzen . Eine Langzeittherapie (≥ 26 Wochen) sollte bei diesen Erkrankungen nur bei Therapie-Respondern durchgeführt werden.

Bei weiteren Krankheitsbildern wie Polyneuropathie anderer Ätiologie als Diabetes mellitus, chronischen sekundären Kopfschmerzen oder chronischen Schmerzen bei manifester Osteoporose, nach Operationen, bei Dekubitus Grad 3 und 4, bei ischämischen und entzündlichen arteriellen Verschlusskrankheiten oder fixierten Kontrakturen bei pflegebedürftigen Patienten sei eine kurz- und langfristige Therapie mit opioidhaltigen Analgetika als individueller Therapieversuch zu bewerten. Kontraindikationen sind zum Beispiel primäre Kopfschmerzen, Fibromyalgie, chronische Pankreatitis oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen.

Gemäß der in der Leitlinie genannten Schlüsselempfehlungen zu Maßnahmen vor der Einleitung einer Opioid-Therapie bestehe ein starker Konsens, dass bei partizipativer Entscheidungsfindung mit dem Patienten der mögliche Nutzen und Schaden der Therapie besprochen werden muss. Die Wahl der Pharmakotherapie müsse unter Berücksichtigung von Begleiterkrankungen und Patientenpräferenzen erfolgen.

Die Leitlinie spricht sich gegen eine Monotherapie mit opioidhaltigen Analgetika bei chronischen Schmerzsyndromen aus. Steinhäuser hob die Bedeutung der entsprechenden Psychoedukation des Patienten hervor. Nicht nur psycho-, auch physiotherapeutische und physikalische Verfahren müssten die medikamentöse Schmerztherapie ergänzen.

Wege aus dem Teufelskreis

Hatte zuvor Professor Dr. Thomas Herdegen, Kiel, eine pharmakologische Übersicht über die unterschiedlichen Wirkprofile der diversen Opioide wie Tilidin, Morphin und Fentanyl gegeben, so machte auch er deutlich, dass Psycho- und Physiotherapie neben der medikamentösen Behandlung bedeutende Säulen der multimodalen Schmerztherapie sind.

Mit Blick auf das »Schwarzbuch Schmerzversorgung« der Deutschen Schmerzliga sprach der Kieler Arzt und Pharmakologe von einer generellen Fehlversorgung in der Schmerztherapie. In Schleswig-Holstein/Hamburg werden circa 38 Prozent der Schmerzpatienten überhaupt nicht therapiert. Nur ein Bruchteil der Betroffenen werde von spezialisierten Schmerztherapeuten behandelt. Auch werde in den wenigsten Fällen ein Psychiater oder Psychotherapeut konsultiert. Hier sei großer Handlungsbedarf gegeben.

Individuelle Wahrnehmung

»Schmerz ist nicht nur eine Bedrohung der somatischen, sondern auch der emotionalen und sozialen Integrität«: Das unterstrich in einem weiteren Vortrag Dr. Friedrich von Velsen-Zerweck, Flensburg. »Der vom Patienten wahrgenommene Schmerz ist ein Resultat der Modulation einer Vielzahl von Gründen und Einflüssen sowie der Schmerzgeschichte und des Schmerzverhaltens«, so der Palliativmediziner. Mögliche Ursachen seien oftmals in ungelösten psychosozialen Konflikten zu finden.

»Das Gehirn verarbeitet die wahrgenommene, nicht die physikalische Realität. Wie in jedem Wahrnehmungsprozess steuert die Haltung das Empfinden«: In Anerkennung dieser Tatsache, so von Velsen-Zerweck, müssen neben einer effektiven medikamentösen Schmerztherapie multimodale psychosomatische Therapiekonzepte zum Einsatz kommen, die es dem Patienten ermöglichen, die Bezüge zwischen Ursachen und Wirkungen zu verstehen.

»Angst, Depressionen und Hoffnungslosigkeit führen zu einer negativen Erwartungshaltung, die die Schmerzwahrnehmung studiengemäß verstärken. Mangelndes Vertrauen in die Schmerztherapie kann die analgetischen Effekte einer Schmerztherapie reduzieren«, so der Referent. Es sei Aufgabe von Ärzten und Apothekern, den Patienten durch professionelle Kommunikation und Wissensvermittlung mögliche psychosoziale Zusammenhänge aufzuzeigen und so konstruktive Wege aus dem Teufelskreis zu weisen.

 

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