EuGH sieht Mannose als Arzneimittel |
Ev Tebroke |
14.03.2025 11:00 Uhr |
Daraufhin legte Klosterfrau beim BGH Revision ein. Das Unternehmen sah den Bestand einer pharmakologischen Wirkung nicht gegeben und beanstandete die Sicht des OLG, dass die in Rede stehenden Produkte bei bestimmungsgemäßem Gebrauch physiologische Funktionen des Menschen in signifikanter Weise eines Arzneimittels wiederherstellten, korrigierten oder beeinflussten.
Die einer therapeutischen oder präventiven Wirkung inhärente Beeinflussung physiologischer Funktionen allein reiche für die Annahme eines Funktionsarzneimittels nicht aus, so die Argumentation von Klosterfrau. Der angestrebte therapeutische Zweck müsse durch einen erheblichen Eingriff in die physiologischen Funktionen des menschlichen Körpers erreicht werden, der als »pharmakologisch« qualifiziert werden könne, was bei D-Mannose nicht der Fall sei.
Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH folgende Frage zum Vorabentscheid vor: »Handelt es sich um eine pharmakologische Wirkung im Sinne von Art. 1 Nr. 2 Buchst. b Fall 1 der Richtlinie 2001/83, wenn die in Frage stehende Substanz (hier: D-Mannose) durch eine im Wege von Wasserstoffbrücken vermittelte reversible Bindung an Bakterien verhindert, dass sich die Bakterien an menschliche Zellen (hier: die Blasenwand) binden?«
Die Richter in Luxemburg entschieden nun, dass es sich bei Mannose-Produkten um zulassungspflichtige Fertigarzneimittel handelt: Bei einem Stoff, der durch eine reversible Bindung an Bakterien verhindere, dass sich diese an menschliche Zellen binden, sei davon auszugehen, dass er eine »pharmakologische Wirkung« im Sinne dieser Bestimmung ausübe, heißt es im Urteil, das der PZ vorliegt.
Diese Entscheidung unterstreicht die Tendenz des EuGH, den Anwendungsbereich des Arzneimittelrechts – mit seinem höheren Schutzniveau – in Zweifelsfällen weit auszulegen. Dies verdeutlichen die Richter wie folgt:
»In Bezug auf den Kontext, in dem Art. 1 Nr. 2 Buchst. der Richtlinie 2001/83 steht, ist nämlich darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie vorsieht, dass bei Zweifeln an der zutreffenden Klassifizierung eines Erzeugnisses, das sowohl unter die Definition von ›Arzneimittel‹ im Sinne dieser Richtlinie als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere Rechtsvorschriften der Union geregelt ist, der Anwendung dieser Richtlinie der Vorrang einzuräumen ist«, so die Argumentation des EuGH.