EU-Verhandlungen zu Arzneimittelrückständen starten |
Umweltbehörden und Öffentlichkeit kommen nicht oft an Daten zu Umweltverhalten- und toxizität heran – effektiver Gewässerschutz wird dadurch erheblich erschwert. / Foto: IMAGO/Jürgen Ritter
Kontinuierlich gelangen Tonnen von Humanarzneimittelwirkstoffen und deren Abbauprodukte mit dem Abwasser in die Umwelt und können dort Schaden anrichten, wie das Umweltbundesamt informiert. Je nach Arzneimittel-Präparat werden bis zu 90 Prozent des enthaltenen Wirkstoffes unverändert wieder ausgeschieden. Kläranlagen fangen nur einen Teil der Substanzen ab – in Gewässern seien Arzneimittel daher ebenso nachzuweisen wie - in deutlich geringeren Mengen - im Trinkwasser.
Mit den Auswirkungen von Arzneimitteln auf die Ökosysteme beschäftigt sich die interdisziplinäre Forschungsgruppe PharmCycle der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg. Im Rahmen des PharmCycle-Projekts hat die Juristin und Umweltwissenschaftlerin Kim Teppe an der HAW Hamburg in Kooperation mit der Universität Hamburg zum Umweltrecht promoviert. Die PZ berichtete bereits. Teppes These: Das Arzneimittelrecht wird den Anforderungen des Umweltrechts nicht gerecht. Denn: Es sei nicht hinreichend bekannt, wie die Rückstände von 771 nachgewiesenen Arzneimittelstoffen in der Umwelt wirken. Zwar müssen die Hersteller Studien zu Umweltverhalten und -toxizität durchführen, publik werden die Ergebnisse jedoch kaum.
»Umweltbehörden und Öffentlichkeit kommen an die Daten oft nicht heran«, erklärt Teppe. Effektiver Gewässerschutz sei in der Folge erheblich erschwert. Anders als etwa bei Industriechemikalien müssten Arzneimittel-Hersteller bisher nur bei den Zulassungsbehörden Daten einreichen und könnten sich zudem auf umfangreiche Ausnahmen berufen, so dass in der Praxis oft gar keine Daten vorgelegt werden.
Inzwischen dreht sich der Wind. Auf EU-Ebene laufen Verhandlungen für neue Regelungen. Die EU-Kommission hat angekündigt, in den kommenden Tagen oder Wochen einen ersten Entwurf für das neue Humanarzneimittelrecht vorzulegen. »Darin sind dann hoffentlich Umweltbelange wie das Schließen von Datenlücken und die Datentransparenz wenigstens ansatzweise schon adressiert«, hofft Teppe, die seit einigen Monaten für das Umweltbundesamt (UBA) arbeitet. Für ihre juristische Doktorarbeit an der HAW und der Universität Hamburg zur Problematik war sie 2022 mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung ausgezeichnet worden.