Es tut sich was bei COPD |
Christina Hohmann-Jeddi |
26.05.2025 18:00 Uhr |
Initial erhalten viele COPD-Patienten einen langwirksamen Muskarinrezeptor-Antagonisten (LAMA) plus ein langwirksames β2-Sympathomimetikum (LABA). / © Getty Images/ljubaphoto
Die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine fortschreitende Erkrankung, bei der das Lungengewebe dauerhaft entzündet und die Atemwege verengt sind. Sie ist durch Husten, zunehmende Atemnot und Schleimproduktion gekennzeichnet. Auf neue Therapieansätze bei dieser Erkrankung, an der laut Daten des Lungeninformationsdiensts etwa drei Millionen Menschen in Deutschland erkrankt sind, ging Professor Dr. Claus Vogelmeier vom Universitätsklinikum Marburg kürzlich beim Internistenkongress in Wiesbaden näher ein.
Bei der initialen Therapie gebe es keine Neuigkeiten: Hier werde je nach Symptomlast mit einem Bronchodilatator oder einer Kombination aus langwirksamem Anticholinergikum (LAMA) und langwirksamem β2-Sympathomimetikum (LABA) behandelt. Neuerungen gebe es aber bei der Therapieeskalation, machte der Pneumologe deutlich. Bisher habe man nicht viele Optionen gehabt, wenn die Dyspnoe weiter anhalte, der Patient aber keine Exazerbationen entwickele, außer die Wirkstoffe zu wechseln oder die Diagnose zu hinterfragen.
Inzwischen gebe es für diesen Fall aber eine interessante neue Substanz: Ensifentrin ist ein dualer Inhibitor der Phosphodiesterasen 3 (PDE3) und 4 (PDE4), der potenziell positive Effekte an der Lunge und am Herzen habe. Die Wirksamkeit wurde in den Phase-III-Studien ENHANCE-1 und -2 untersucht, in denen Ensifentrin signifikant die Lungenfunktion verbesserte. Die Studien seien aber handwerklich schlecht gemacht und ausschließlich auf die Lungenfunktion ausgelegt gewesen, beklagte der Mediziner. Die Signale in Bezug auf Lebensqualität seien weniger deutlich gewesen und zu Exazerbationen gebe es noch keine aussagekräftigen Daten. Ensifentrin (Ohtuvayre™) ist seit vergangenem Jahr in den USA zugelassen, bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) liegt noch kein Zulassungsantrag vor.
Treten unter einer LAMA/LABA-Therapie weiterhin Exazerbationen auf, kann ein inhalatives Corticosteroid (ICS) ergänzt werden. Wenn auch diese Tripeltherapie nicht zur Symptomkontrolle ausreiche, können der PDE4-Hemmer Roflumilast, das Antibiotikum Azithromycin und als neue Option auch Dupilumab (Dupixent®) eingesetzt werden. Bei Letzterem handelt es sich um einen Antikörper, der die Signalwege von Interleukin-4 (IL-4) und Interleukin-13 (IL-13) blockiert. Seit August 2024 ist das Biologikum als Add-on für eine spezielle Gruppe von COPD-Patienten zugelassen und zwar für Erwachsene mit erhöhten Eosinophilen-Werten, deren Erkrankung mit einer LAMA/LABA-Kombination oder einer Tripeltherapie nicht ausreichend behandelt ist.
Eingesetzt werden kann die Substanz nur bei erhöhten Eosinophilen-Werten, wenn also eine Typ-2-Signatur der Inflammation vorliegt. Zum Hintergrund: Bei COPD gibt es verschiedene Entzündungsmuster. Das häufigste ist die Typ-1-Inflammation, bei der die Zahl von alveolaren Makrophagen, Neutrophilen und T-Lymphozyten erhöht ist, wobei Th1- und Th17-Zellen dominieren. Bei etwa 20 bis 40 Prozent der COPD-Patienten liegt eine Typ-2-Signatur vor, bei der Th2-Zellen, eosinophile Granulozyten und Mastzellen im Vordergrund stehen und die Zytokine IL-4, -5 und -13 eine Rolle spielen.
In den Zulassungsstudien konnte Dupilumab die Zahl der Exazerbationen um etwa 30 Prozent senken und auch die Lebensqualität erhöhen, die Lungenfunktion verbessern und die Symptomatik reduzieren, berichtete Vogelmeier. Laut den aktuellen Empfehlungen der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD 2025) soll der Antikörper bei Patienten unter Tripeltherapie eingesetzt werden, die eine Eosinophilen-Zahl über 300/µl Blut und Symptome von chronischer Bronchitis aufweisen.
Für die COPD mit Typ-2-Inflammation werde noch eine Reihe weiterer Substanzen in Studien geprüft, die noch in diesem Jahr fertig werden sollen, berichtete der Pneumologe. »Das wird ein aufregendes Jahr für die klinische COPD-Forschung.« Zu nennen sind hier etwa der Anti-ST2-Antikörper Astegolimab, der Anti-IL-33-Antikörper Itepekimab sowie der Antikörper Tezepelumab, der das Zytokin Thymus-Stroma-Lymphopoietin (TSLP) blockiert und bereits eine Zulassung als Add-on-Erhaltungstherapie bei Patienten mit schwerem Asthma hat.
Die Kombination aus LABA und ICS werde seit Jahren nicht mehr empfohlen, dennoch erhalte sie fast jeder zweite COPD-Patient, berichtete Vogelmeier. Was tun mit diesen Patienten? Im GOLD-Bericht sei ein pragmatisches Vorgehen beschrieben: Patienten mit Exazerbationen in der Krankengeschichte, die unter dieser Therapie ausreichend behandelt sind, können sie weiterhin erhalten. Bei Patienten mit gleicher Konstellation und hoher Symptomlast sollte der Wechsel auf eine Tripeltherapie erwogen werden.
Bei Patienten mit einer LABA/ICS-Therapie ohne Exazerbationshistorie, was häufig vorkomme, solle der Wechsel auf eine LAMA/LABA- Kombination in Betracht gezogen werden. Bei Patienten mit aktuellen Exazerbationen wiederum sollte der Eosinophilen-Wert bestimmt und ab einem Wert von 100/µl eine Tripeltherapie begonnen werden.
Zuletzt ging Vogelmeier auf das erhöhte Herz-Kreislauf-Risiko bei COPD-Patienten ein. Die Patienten hätten typischerweise neben der Lungenerkrankung noch Probleme in anderen Organsystemen und vor allem im Herz-Kreislauf-System. Etwa die Hälfte der Betroffenen weise eine kardiovaskuläre Komorbidität auf; vier von zehn stürben an einem kardiovaskulären Ereignis. Daten aus Deutschland zeigten, dass das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse kurz nach einer schweren Exazerbation »grotesk hoch« sei, sagte der Mediziner. Es sei um den Faktor 16 erhöht.
Des Weiteren bestehe ein hohes Risiko für Herzinsuffizienz, weshalb Ärzte bei anhaltender Luftnot trotz COPD-Therapie auch die Herzfunktion prüfen sollten. Untersuchungen aus den Niederlanden zeigten, dass sich ein Risikomanagement auszahlt: Wenn der Blutdruck und die Blutfettwerte ermittelt und bei Bedarf behandelt wurden, war das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse deutlich niedrigerer als bei Patienten ohne diese Maßnahmen. Vogelmeier riet, bei COPD-Patienten aktiv nach kardiovaskulären Risikofaktoren zu suchen und diese zu therapieren.