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Covid-19

Erhöhte Sterblichkeit bei Schwangeren 

Frauen, die in der Schwangerschaft an Covid-19 erkranken, haben ein 20-fach höheres Risiko zu sterben als nicht infizierte Schwangere. Das zeigt eine aktuelle Studie aus Oxford. Auch für die Kinder besteht Gefahr. Allerdings ist die Impfung wohl nicht mit Risiken verbunden, zeigt eine weitere Analyse.
Theo Dingermann
26.04.2021  09:00 Uhr

Dass Infektionen mit Coronaviren während einer Schwangerschaft große Probleme bereiten können, weiß man aus Erfahrungen, die bereits mit dem »Schweren Akuten Respiratorischen Syndrom« (SARS) und dem »Middle East Respiratory Syndrom« (MERS) gemacht wurden. Welche Risiken für Schwangere und Neugeborene von Covid-19 ausgehen, war bisher nur in kleineren Studien untersucht worden. Entsprechend unsicher waren die Erkenntnisse.

Dies ändert sich jetzt, denn ein internationales Konsortium um José Villar vom Nuffield Department of Women’s & Reproductive Health der Universität Oxford ist in einer multinationalen Kohortenstudie mit 2130 schwangeren Frauen in 43 Institutionen aus 18 Ländern dieser Frage nachgegangen. Die Ergebnisse der sogenannten INTERCOVID-Kohortenstudie sind jetzt im Fachjournal »JAMA Pediatrics« erschienen. 

Als primärer Endpunkt waren die mütterliche und die schwere neonatale/perinatale Morbidität und Mortalität festgelegt worden. In den sekundären Endpunkten wurden die einzelnen Komponenten dieser Indizes ermittelt.

Die Studie zeigt klar, dass man bei Neugeborenen von Frauen mit einer Covid-19-Diagnose im Vergleich zu Neugeborenen von gesunden Frauen mit einem signifikant höheren schweren neonatalen Morbiditätsindex und mit schweren perinatale Morbiditäts- und Mortalitätsindexes rechnen muss. Auch die werdenden Mütter waren signifikant durch die Infektion gefährdet.

Die Risiken im Einzelnen

Das Konsortium untersuchte insgesamt 706 schwangere Frauen, bei denen Covid-19 diagnostiziert worden war. Als Kontrolle dienten 1424 schwangere Frauen ohne Covid-19-Diagnose. Die beiden Gruppen waren hinsichtlich der demografischen Merkmale gut aufeinander abgestimmt. Von den erkrankten Frauen waren 323 (48,6 Prozent) zu Beginn der Schwangerschaft übergewichtig. Bei den gesunden Frauen betrug dieser Anteil 40,2 Prozent.

Ein Unterschied im Risiko zeigte sich etwa bei der Schwangerschaftskomplikation Präeklampsie/Eklampsie. Bei Frauen, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren, betrug das relative Risiko für diese Komplikationen 1,76. Das entspricht einer Risikoerhöhung um 76 Prozent. Das Risiko für schwere Infektionen war um den Faktor 3 und das Risiko, auf die Intensivstation verlegt zu werden, um den Faktor 5 erhöht.

Die Sterblichkeit der Mütter war durch Covid-19 um den Faktor 22 erhöht (relatives Risiko von 22,3). Auch Frühgeburten kamen bei Corona-infizierten Schwangeren etwa doppelt so häufig vor, wie bei nicht infizierten Schwangeren (relatives Risiko von1,9).

Fieber und Kurzatmigkeit über eine beliebige Dauer war mit einem erhöhten Risiko für schwere mütterliche Komplikationen verbunden, wobei das relative Risiko 2,56 betrug. Neonatale Komplikationen waren etwa fünfmal häufiger als bei Kindern von nicht infizierten Müttern.

Asymptomatische Frauen mit einer Covid-19-Diagnose zeigten nur für die mütterliche Morbidität (1,24) und Präeklampsie (1,63) höhere Risiken.

Von Frauen, die positiv getestet wurden, gebaren 54 (13 Prozent) Kinder, die ebenfalls SARS-CoV-2 positiv diagnostiziert wurden. Das relative Risiko bei einer Kaiserschnittentbindung betrug 2,15. Dagegen war Stillen nicht mit einer erhöhten Infektionsrate (relatives Risiko 1,10) verbunden. Im Gegenteil: Andere Studien hatten bereits gezeigt, dass Neugeborene vor allem von einer Impfung der Mutter dahingehend profitieren, dass diese Kinder mit Anti-SARS-CoV-2-Antikörper über die Muttermilch versorgt wurden.

»Die Hauptaussage dieser Studie ist, dass Schwangere sich zwar nicht häufiger infizieren als nicht schwangere Frauen, aber ein höheres Risiko haben, schwer zu erkranken, intensivmedizische Versorgung und Beatmung zu benötigen und Frühgeburten oder Präeklampsie zu erleiden«, sagte Dr. Michael Gravett in einer Mitteilung der University of Washington, die an der Studie beteiligt war. Aufgrund der Erkenntnisse empfehlen die Autoren, dass alle Schwangeren eine Covid-19-Impfung erhalten sollten.

Impfung ohne Risiko für werdende Mütter

In dieser Hinsicht gibt es gute Nachrichten aus den USA: Wie vorläufige Daten zu den ersten elf Wochen der dort laufenden Impfkampagne zeigt, ist es nach der Impfung mit mRNA-Impfstoffen nicht zu einer Häufung von Komplikationen bei Schwangeren gekommen. Ein Team um Tom T. Shimabukuro von der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC hatte die Daten von etwa 35.600 Frauen ausgewertet, die sich in der Schwangerschaft mit einem mRNA-Impfstoff haben vakzinieren lassen. Die Daten stammen aus der App V-safe, die speziell für die Sicherheitsauswertung der Impfstoffe in der Schwangerschaft eingerichtet worden war. Die Ergebnisse sind nun im »New England Journal of Medicine« erschienen. 

Große Unterschiede bei den Nebenwirkungen im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen fanden die Forschenden nicht. Schmerzen an der Einstichstelle traten bei Schwangeren etwas häufiger auf, dagegen waren Kopf- und Muskelschmerzen, Kälteschauer und Fieber etwas seltener. Spontanaborte und Frühgeburten traten nicht häufiger auf als in anderen Kollektiven vor Beginn der Pandemie. Ein Sicherheitssignal sei demnach nicht zu erkennen, schreiben die Autoren. 

In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) aufgrund fehlender Daten bislang Schwangeren nicht, sich gegen Covid-19 impfen zu lassen. Mit den bisher in der EU zugelassenen Impfstoffen wäre dies aber möglich, da Schwangerschaft keine Kontraindikation darstellt. Von der STIKO heißt es: »Schwangeren mit Vorerkrankungen und einem daraus resultierenden hohen Risiko für eine schwere Covid-19-Erkrankung kann in Einzelfällen nach Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher Aufklärung eine Impfung angeboten werden.«

Auch zur Anwendung der Covid-19-Impfstoffe in der Stillzeit liegen aktuell nur wenige Daten vor. Allerdings scheint nach bisherigem Kenntnisstand bei Stillenden mit erhöhtem Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf der potenzielle Nutzen einer Impfung die theoretischen Bedenken zu übertreffen. Zu diesem Ergebnis kommen die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin, die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und die Nationale Stillkommission in einer gemeinsamen Empfehlung.

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