Pharmazeutische Zeitung online
Mikronadel-Pflaster

Einmal geklebt, sechs Monate verhütet

Forscher haben ein Verhütungspflaster mit Mikronadeln entwickelt, das ein lang wirksames Kontrazeptivum freisetzt. Es soll nur einmal pro Monat oder gar nur alle sechs Monate für wenige Sekunden appliziert werden. Klinische Studien stehen allerdings noch aus.
Daniela Hüttemann
15.01.2019  17:00 Uhr

Lang wirksame Kontrazeptiva wie intrauterine Systeme, Depotspritzen, Implantate oder transdermale therapeutische Systeme schützen mit hoher Sicherheit gegen unerwünschte Schwangerschaften. Ihr Vorteil ist, dass die Frauen sich nicht täglich mit der Thematik auseinandersetzen müssen. Der Nachteil ist, dass sie zur Applikation entweder einen Arzt aufsuchen müssen oder die bislang verfügbaren Wirkstoffpflaster kontinuierlich tragen müssen. Das könnte eine neue Applikationsform in einigen Jahren  ändern.

Wissenschaftler des Georgia Institute of Technology in den USA haben ein Pflaster mit Mikronadeln entwickelt. Die Nadeln bestehen aus bioabbaubaren Polymeren, in die Levornorgestrel eingearbeitet ist. Die Anwenderin klebt das Pflaster auf und drückt es einige Sekunden an. Dabei dringen die Mikronadeln schmerzfrei in die Haut ein, brechen ab und werden langsam abgebaut, wobei das Gestagen kontinuierlich freigesetzt wird, beschreiben die Forscher im Fachjournal »Nature Biomedical Engineering«. Das System wurde ursprünglich für die schmerzfreie Applikation von Impfstoffen entwickelt und ist bislang noch nicht zugelassen.

Die Forscher sehen einen Bedarf für ihre neue Arzneiform vor allem in Entwicklungsländern, wo Frauen nur begrenzten Zugang zur Gesundheitsversorgung haben. »Unser Ziel ist es, dass die Frauen dort lang wirksame Kontrazeptiva mit dem Mikronadel-Patch selbst anwenden können, was nur fünf Sekunden einmal im Monat benötigt«, so der korrespondierende Autor Professor Dr. Mark Prausnitz. Die Forscher untersuchen derzeit, ob sich das Pflaster derat konstruieren lässt, dass die Wirkung sogar über sechs Monate zuverlässig anhält.

Beteiligt an der Entwicklung sind auch Forscher der Abteilung für Pharmazeutische Wissenschaften an der Universität Michigan. Sie stellten die Polymere aus Poly(lactid-co-glycolid) (PLGA) und Polymilchsäure her. Die Bausteine beider Polymere kommen auch als körpereigene Substanzen vor, was eine gute Verträglichkeit garantieren soll. »Unser Team löst die Polymere und den Wirkstoff in einem organischen Lösungsmittel, modelliert die Form und verdampft das Lösungsmittel, um die Mikronadeln herzustellen«, so der beteiligte Pharmazieprofessor Dr. Steven Schwendeman.

Bislang testeten die Forscher allerdings nur an Ratten, ob entsprechende Blutspiegel des Gestagens erreicht werden, die hochgerechnet eine Schwangerschaft beim Menschen nach einmaliger Applikation über einen Monat verhindern würde. Dafür wurden  100 Mikronadeln benötigt. Noch nicht untersucht wurde, ob die neue Arzneiform wirklich Schwangerschaften wirksam verhütet, weder im Tierversuch noch in einer klinischen Studie. Das Pflaster müsste zur Anwendung am Menschen größer ausfallen als bei den Ratten, da eine größere Wirkstoffmenge von nötig ist.

Eine Phase-I-Studie, bei der das Mikronadel-Pflaster zur Influenza-Impfung verwendet wurde, war 2017 bereits erfolgreich gelaufen. »Wir wissen noch nicht, wie das Mikronadel-Pflaster mit Kontrazeptiva beim Menschen wirken wird«, räumt Prausnitz ein. »Da wir gut etablierte Hormone verwenden, sind wir optimistisch, dass sich das Pflaster als effektives Verhütungsmittel einsetzen lassen wird. Wir erwarten zudem nur minimale Hautreaktionen an der Applikationsstelle, das muss jedoch in klinischen Studien noch bestätigt werden.«

Mehr von Avoxa