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Würmer

Einheimische Parasiten

Angesichts der Corona-Pandemie verbringen heuer viele Familien ihren Urlaub im Inland. Dass es auch in unseren Regionen parasitische Würmer gibt, die über halbgares (Grill-)Fleisch, Erde oder kontaminiertes Wasser in ihren Wirt gelangen, ist den wenigsten bekannt. Vor allem Kinder infizieren sich häufiger.
Marion Hofmann-Aßmus
16.08.2020  07:57 Uhr

Spulwürmer: die vernachlässigte Zoonose

Die von Hunde- oder Katzenspulwürmern (Toxocara canis, Toxocara cati) verursachte Toxokarose gehört zu den am weitesten verbreiteten und zugleich vernachlässigten, unterdiagnostizierten Parasitosen (5). »Infektionen mit Hunde- oder Katzenspulwürmern stellen noch immer eine relevante Gefahr für den Menschen dar«, betont Professor Dr. Christina Strube von der Tierärztlichen Hochschule Hannover im Gespräch mit der PZ.

Dass der Kontakt mit den Parasiten nach wie vor relevant ist, lässt sich anhand der Seroprävalenz nachweisen. Diese ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, mit regionalen und altersabhängigen Unterschieden. Wie die Expertin anhand einer Metaanalyse zeigen konnte, stieg die gepoolte Toxokarose-Seroprävalenz zwischen 1970 und 2010 in Europa von 1,6 auf 12,4 Prozent (6). Als Gründe für diesen Anstieg nannte Strube bessere Nachweismöglichkeiten (Antikörpertests), den häufig sehr engen Kontakt mit Hunden und Katzen sowie ein verändertes Freizeitverhalten. Liegen die Menschen zum Beispiel auf einer Wiese, können sie mit den klebrigen Eiern des Spulwurms in Kontakt kommen, die in der Erde heranreifen und infektiös bleiben, wenn sich der sichtbare Kot längst aufgelöst hat.

Besonders gefährdet sind Kinder, die sich aufgrund eines weniger ausgeprägten Hygieneverhaltens leichter infizieren (gepoolte Seroprävalenz für Kinder und junge Menschen bis 20 Jahren: 7,8 Prozent). Doch auch Menschen ab 50 Jahren weisen eine erhöhte Seroprävalenz auf (14,9 Prozent), die einem kumulativen Effekt der Toxocara-Exposition zugeschrieben wird (6). Weitere Übertragungswege sind kontaminiertes Wasser, Gemüse oder nicht vollständig gegartes Fleisch, zum Beispiel vom Zwischenwirt Kaninchen.

Im Menschen entstehen aus den aufgenommenen Eiern etwa 350 µm große Larven, die jahrelang lebensfähig bleiben. Sie schlüpfen im Dünndarm und wandern in Leber, Lunge, Gehirn, Augen und andere Gewebe (Larva migrans), wo sie jeweils unterschiedliche Krankheitsbilder und Symptome verursachen können (Tabelle 2). Die meisten Infektionen verlaufen allerdings symptomlos oder führen lediglich zu Blutbildveränderungen wie Eosinophilie und IgE-Erhöhung (7).

Manifestation Symptome
Larva-migrans-visceralis-(VLM-)Syndrom Fieber, rezidivierende Bronchitiden, Hepatomegalie, Eosinophilie, Hypergammaglobulinämie, Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit
Okuläres Larva-migrans-(OLM-)Syndrom Sehverlust, Augenentzündungen
verdeckte Toxokarose (vor allem bei Kindern) Husten, Schlafstörungen, Bauch- und Kopfschmerzen, Aggressivitätssteigerung
gemeine Toxokarose (Erwachsene) gastrointestinale Symptome
Neuro-Toxokarose Kopfschmerzen, Krampfanfälle, Lähmungserscheinungen, Verhaltensstörungen
kardiale Toxokarose Myokarditis, Endokarditis
Tabelle 2: Manifestationen und Krankheitsanzeichen der Toxokarose, ausgelöst durch eine Spulwurm-Infektion (7)

Laut Strube kommen alle Krankheitsformen noch vor, wenn auch selten. »In den USA erkranken jedes Jahr etwa 70 Menschen an Toxokarose mit Augenbeteiligung«, berichtet die Tierärztin. Ein Problem ist, dass symptomatische Spulwurm-Infektionen den meisten Humanmedizinern nicht bekannt sind und daher selten diagnostiziert werden.

Eine allgemeingültige Therapieempfehlung gibt es nicht. Anerkannte Experten wie Professor Dr. Herbert Auer vom Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin, Wien, halten sich derzeit grundsätzlich an die Publikation von Hombu, A., et al., 2017, die Albendazol als Mittel der Wahl empfiehlt (10 bis 15 mg/kg KG täglich über vier bis acht Wochen, off Label) (8). Da Albendazol hepatotoxisch und teratogen ist, rät Auer, diese Therapie immer gut zu überlegen. Unter ständiger Kontrolle der Leberfunktion sei gegebenenfalls eine kürzere Behandlungsdauer zu erwägen (persönliche Auskunft). Ohne klinische Symptomatik rät der Arzt von einer Therapie ab.

Bei OLM-Syndrom kommen antiinflammatorische Wirkstoffe, zum Beispiel Corticosteroide, zur Anwendung. Persistieren die Beschwerden, kann die Kombination von Corticosteroiden und Albendazol helfen (7). Die Neuro-Toxokarose wird in der Regel ebenfalls mit Albendazol plus Corticosteroiden therapiert (9). Abgetötete Larven müssen, abhängig von ihrer Lokalisation, operativ entfernt werden.

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