Eine Wissenschaft für sich |
Daniela Hüttemann |
14.02.2025 18:00 Uhr |
Tag und Nacht sowie der Wechsel der Jahreszeiten werden imitiert. Während die Mutterpflanzen etwa 18 Stunden Licht am Tag bekommen, wird die Zeit zum Ende hin auf 12 Stunden reduziert, um den Herbst zu simulieren. Entsprechend werden auch Luftfeuchtigkeit und Temperatur angepasst. Je nach Sorte dauert es etwa neun bis zwölf Wochen vom Setzen der Stecklinge bis zur Blüte. Mit der nächsten Ernte rechnet Aphria in rund sechs Wochen. Aktuell wird die Produktion mit häufigeren Ansätzen hochgefahren, um noch dieses Jahr eine volle Auslastung zu erreichen.
In einer der acht Blühkammern wird immer nur eine Sorte mit jeweils bis zu 1000 Pflanzen gleichzeitig kultiviert. Jede Sorte hat ihr eigenes Anbauprotokoll. Auch die Mutterpflanzen der einzelnen Sorten sind separat untergebracht. Sie sehen aus wie etwas zu groß geratene Bonsais. Die ganze Anlage erinnert an eine Raumstation. Der Anbau- und GMP-Bereich ist nur über mehrere Schleusen erreichbar; Schutzkleidung ist vorgeschrieben, um Kontaminationen zu verhindern. Es dauert eine knappe halbe Stunde, bis die erste Hälfte der Besucher den Prozess mit Händewaschen, Luftschleuse und Umziehen hinter sich hat.
Die Apothekerinnen und Apotheker konnten die Plantage in zwei Gruppen besichtigen. Werksleiter Dr. Markus Daniel und Quality Control Supervisor Dr. Karsten Steffens (beide in der Mitte) nahmen sich Zeit für die vielen Fragen. / © PZ/Daniela Hüttemann
Gerade ist es ruhig auf den Fluren. Die letzte Ernte ist gut eine Woche her, die Säuberungsarbeiten laufen noch. Die Blüten sind bereits getrocknet und verpackt. Der Geruch hängt noch in der Luft, auch wenn die Räume klinisch steril wie in jeder anderen Arzneimittelproduktion wirken.
Mit diesen Maschinen werden die geernteten Blütenstände getrimmt, bevor sie noch einmal handverlesen werden. / © PZ/Daniela Hüttemann
Wer schon einmal mit Cannabisblüten gearbeitet hat, weiß, wie klebrig und adhäsiv sie durch Härchen und Harz sind. Vier Tage dauert es mitunter, bis die Trimmmaschinen, die die Stängel relativ präzise von den Blättern trennen, und alle Räume wieder komplett gesäubert sind. Die Apparate ähneln ein wenig Spargelschälmaschinen, wie man sie auf Märkten sieht, sind jedoch speziell für Cannabispflanzen konzipiert. »Für jede Charge müssen wir das Trimmen neu einstellen«, erläutert Werksleiter Daniel die Prozedur. Am Ende sitzen weiterhin zwei bis drei Personen, die mit kleinen Scheren Finetuning betreiben. Dies komplett manuell zu machen, würde zwar eine noch höhere Qualität gewährleisten, doch den Preis zu sehr in die Höhe treiben.
Anschließend werden die Blüten auf großen Blechen ausgebreitet und in vier speziell belüfteten Räumen mit feinen Löchern in den Wänden bei unter 20 Grad für mehrere Tage getrocknet. »Die Trocknung ist der zweitwichtigste Prozess«, erklärt Daniel. Auch hier ist Fingerspitzengefühl gefragt: Wird zu schnell bei zu hohen Temperaturen getrocknet, verflüchtigen sich vor allem die Terpene; wenn es zu lange dauert, begünstigt dies Schimmelwachstum. Bei erhöhter Keimzahl werden die Blüten optional noch bestrahlt.