Ein Jahr mit dem Valsartan-Störfall |
Welche Auswirkungen hatte und hat immer noch die Valsartan-Affäre für die tägliche Arbeit in den Offizinapotheken – auch mit Blick auf die Patienten? Kaum jemand kann leugnen, dass der Ausfall von Hunderttausenden Packungseinheiten von Valsartan-Generika und der Ersatz durch äquivalente Sartane einen erheblichen Mehraufwand an Zeit und Organisation in den Apotheken mit sich bringt. Jedoch kann dieser nur näherungsweise quantifiziert werden, denn in den Apotheken laufen keine Stoppuhren am HV-Tisch, die den Aufwand pro Patient sekundengenau beziffern.
Die Abrechnungsdaten von Valsartan-haltigen Arzneimitteln aus öffentlichen Apotheken mit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die – qua Rechenzentren – über Insight Health erfasst werden, liefern aber, was den Umfang der »Nichterfüllungsgründe« bei der Abgabe betrifft, auswert- und interpretierbare Daten. Der Analyse liegen folgende Datensätze für den Zeitraum Januar 2018 bis Juni 2019 zugrunde:
NEG | Erklärung |
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1* | Abgabe des verordneten oder eines Arzneimittels nach Maßgabe des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V |
2 | Nichtverfügbarkeit eines rabattbegünstigten Arzneimittels |
3 | Nichtverfügbarkeit eines Importarzneimittels |
4 | Nichtverfügbarkeit eines rabattbegünstigten und eines Importarzneimittels |
5 | Nichtabgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels aufgrund eines dringenden Falls zur unverzüglichen Abgabe eines Arzneimittels |
6 | Nichtabgabe eines rabattbegünstigten Arzneimittels aufgrund pharmazeutischer Bedenken |
7 | Abgabe eines vom Versicherten verlangten Arzneimittels (»Wunscharzneimittel«) |
In der Definition des Begriffs »Nichterfüllungsgrund« steht NEG 1 aus systematischen, jedoch nicht aus logischen Gründen für die Abgabe des verordneten Arzneimittels oder eines Mittels nach Maßgabe des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Absatz 2 SGB V. Die Gründe, warum ein verordnetes oder das nach Maßgabe des Rahmenvertrags an sich abzugebende Arzneimittel nicht an den Patienten ausgehändigt wurde, zeigt die Tabelle 1 (NEG 2 bis 7).
Wie lässt sich der zusätzliche Zeitaufwand in Apotheken durch den Ausfall zahlloser Valsartan-Fertigarzneimittel exakt feststellen? Am HV-Tisch läuft keine Stoppuhr mit. / Foto: Getty Images/Madjuszka
Die Abrechnungsdaten geben dann das tatsächlich abgegebene Arzneimittel wieder. Das ursprünglich verordnete Arzneimittel ist nicht bekannt. Das bedeutet, dass zum Beispiel bei »Nichterfüllungsgrund 2 (NEG 2) Candesartan« anstelle des ursprünglich verordneten oder des nach Maßgabe des Rahmenvertrags abzugebenden Fertigarzneimittels ein anderes Candesartan-Fertigarzneimittel abgegeben wurde. Nachfolgend wird deshalb auch der Begriff »Verordnung« verwendet, obwohl »Arzneimittelabgabe« im Einzelfall zutreffend wäre.