Ein gewichtiges Problem |
Christina Hohmann-Jeddi |
22.01.2019 13:00 Uhr |
Ein ungesunder Lebensstil, vor allem Überernährung, Bewegungsmangel und Rauchen, erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. / Foto: Shutterstock/Krzysztof Winnik
»Kardiovaskuläre Erkrankungen sind ein Kontinuum an Krankheiten, die alle aus dem gleichen Set an Risikofaktoren entstehen«, erklärte Professor Dr. Thomas Wieland von der Medizinischen Fakultät Mannheim auf dem Fortbildungskongress Pharmacon in Schladming. Neben Übergewicht seien dies vor allem Dislipidämie, gestörte Glucosetoleranz und ein ungesunder Lebensstil. Diese Faktoren seien aber beeinflussbar, sagte Wieland. Nicht zu beeinflussen seien dagegen Risikofaktoren wie männliches Geschlecht, Alter über 55 Jahre und eine genetische Disposition. Es habe sich aber gezeigt, dass eine ungünstige Genkonstellation das Herz-Kreislauf-Risiko nur dann erhöht, wenn der Lebensstil ungesund ist, also von Überernährung, Bewegungsmangel, Rauchen und Alkoholkonsum geprägt ist.
Mit der Veränderung des Lebensstils könne man daher das Herz-Kreislauf-Risiko deutlich senken. »Das wird aber häufig unterlassen«, sagte Wieland. »Daher sind pharmakotherapeutische Interventionen nötig.« Ein entscheidender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind erhöhte Blutfettwerte, vor allem ein zu hoher LDL-Wert, der mit einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert ist. LDL wird von Makrophagen im Gefäßendothel aufgenommen, wodurch sogenannte Schaumzellen entstehen, die eine Schlüsselrolle in der Atherogenese spielen.
Professor Dr. Thomas Wieland / Foto: PZ/Alois Mueller
Um die Blutfette und den LDL-Spiegel zu senken, gibt es verschiedene Möglichkeiten: die Aufnahme von Cholesterol aus der Nahrung zu senken, seine Synthese im Körper zu verringern oder die Ausscheidung zu erhöhen. Die schon seit Langem eingesetzten Statine verringern die Cholesterol-Synthese, indem sie das daran beteiligte Enzym HMG-CoA-Reduktase hemmen. Als Kombinationspartner kommen Ezetimib und Colestyramin infrage, die die Resorption von Cholesterol aus der Nahrung beziehungsweise über die Galle ausgeschiedenem Cholesterol senken. Relativ neu hinzugekommen ist die Gruppe der PCSK9-Inhibitoren, die ein Enzym hemmen, das die Anzahl der Cholesterol-Rezeptoren auf Leberzellen reguliert. Die Hemmung erhöht deren Anzahl, was die Aufnahme von Cholesterol in die Leber und damit den Abbau steigert.
Neben den erhöhten Blutfetten ist ein erhöhter Blutdruck ein maßgeblicher Risikofaktor für Herz-Kreislauf- und auch für zerebrovaskuläre Erkrankungen, berichtete der Referent. Eine Hypertonie besteht laut aktueller Definition bei Blutdruckwerten von über 140 mmHg systolisch und/oder über 90 mmHg diastolisch. Das ist bei etwa 30 bis 45 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Europa der Fall, so Wieland. Eine lange bestehende Hypertonie kann Organe schädigen, weshalb Therapeutika nicht nur den Blutdruck senken, sondern auch die Endorganschäden verhindern sollten. Zur Blutdrucksenkung stehen eine ganze Reihe von bekannten Wirkstoffgruppen wie ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten, β-Blocker, Calciumantagonisten und Thiazid-Diuretika zur Verfügung.
Durch eine Atherosklerose oder eine Hypertonie kann sich eine koronare Herzerkrankung entwickeln, die durch Engstellung beziehungsweise Verschlüsse in den Herzkranzgefäßen gekennzeichnet ist. Das Herzmuskelgewebe ist dadurch zu wenig durchblutet. Das kann zu akuten Angina-pectoris-Anfällen mit Schmerzen und Engegefühl in der Brust oder zu Herzinfarkt führen. Im akuten Anfall werden Nitrate eingesetzt, die die Gefäße weit stellen und die Durchblutung des Herzmuskels verbessern. Auf dem Boden einer koronaren Herzerkrankung kann sich häufig auch eine Herzinsuffizienz entwickeln, die durch eine Einschränkung der Pumpleistung gekennzeichnet ist. Die Kontraktilitätseinschränkung führt auch zu einer Aktivierung des Sympathikus und des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, wodurch krankhafte Umbauprozesse verstärkt werden. »Ein Circulus vitiosus entsteht«, sagte Wieland. Typische Symptome einer Herzinsuffizienz sind Luftnot, Wassereinlagerungen in den Beinen, Lungenödeme und verminderte Leistungsfähigkeit.