Pharmazeutische Zeitung online
Tabakentwöhnung

E-Zigaretten bleiben umstritten

E-Zigaretten können Rauchern helfen aufzuhören – sagen die einen. Statt zu rauchen dampfen sie dann eben und das ist auch nicht gesund – sagen die anderen. Neue Studienergebnisse haben den alten Streit um einen möglichen Nutzen von E-Zigaretten neu entfacht.
Annette Rößler
05.11.2020  08:00 Uhr

Einem aktualisierten Cochrane-Review zufolge klappt die Raucherentwöhnung mit nikotinhaltigen E-Zigaretten tatsächlich besser als mit Nikotinersatzprodukten wie Pflastern und Kaugummis. Für die Übersichtsarbeit konnten die Autoren um Jamie Hartmann-Boyce von der Universität Oxford 50 Studien berücksichtigen, das sind 35 mehr als bei der im Jahr 2016 publizierten Vorgängerversion. Nikotinhaltige E-Zigaretten zur Raucherentwöhnung wurden darin mit einer Reihe anderer Maßnahmen verglichen, darunter Nikotinersatzprodukte, Verhaltenstherapie, E-Zigaretten ohne Nikotin und ein Rauchstopp ohne spezielle Unterstützung.

Der Vergleich mit Nikotinpflastern oder -kaugummis (drei Studien mit insgesamt 1498 Teilnehmern) ergab, dass 10 statt 6 von 100 Rauchern es schaffen, dem Glimmstängel zu entsagen, wenn sie nikotinhaltige E-Zigaretten statt Nikotinersatzprodukte verwenden. Die Evidenz hierfür war gemäß den Cochrane-Kriterien moderat, also relativ gut. Drei weitere Studien mit insgesamt 802 Teilnehmern verglichen nikotinhaltige mit nikotinfreien E-Zigaretten und lieferten ähnliche Ergebnisse mit ebenfalls moderater Evidenz. Als sehr niedrig werteten die Autoren dagegen die Evidenz aus vier Studien mit insgesamt 2312 Teilnehmern, in denen nikotinhaltige E-Zigaretten mit Verhaltenstherapie oder gar keiner Unterstützung verglichen wurden. Allerdings zeigten auch sie eine Überlegenheit der Nikotinverdampfer mit einer Erfolgsquote von 10 von 100 versus 4 von 100.

Zu ernsthaften Nebenwirkungen oder Schäden durch E-Zigaretten sowie zu den Auswirkungen eines Langzeitkonsums gab es laut den Autoren zu wenige Studien, als dass sich eine valide Aussage treffen ließe. Auch seien die Studien nicht auf andere unerwünschte Folgen des Konsums von E-Zigaretten eingegangen, etwa die Frage, ob E-Zigaretten den Nikotinkonsum von Nichtrauchern fördern oder als Einstiegsdroge wirken können, speziell für Jugendliche.

Hartmann-Boyce kommentiert: »Seit der letzten Version dieses Reviews gibt es deutlich mehr Evidenz zur Raucherentwöhnung. Sie gibt nun eindeutigere Hinweise darauf, dass E-Zigaretten mit Nikotin die Chancen auf einen erfolgreichen Rauchstopp im Vergleich zu Nikotinkaugummis oder Nikotinpflastern erhöhen können.« Es bestehe aber eine beträchtliche Unsicherheit bezüglich der Nebenwirkungen von E-Zigaretten, vor allem bei längerfristiger Nutzung. Der wissenschaftliche Konsens laute, dass E-Zigaretten wesentlich weniger schädlich seien als traditionelle Zigaretten, risikofrei seien sie jedoch nicht.

Mehr von Avoxa