E-Rezept-Testläufe funktionieren gut |
Jennifer Evans |
02.08.2021 10:55 Uhr |
E-Rezept-Testphase: In den Apotheken scheint die Digitalisierung eines der Kernprozesse im deutschen Gesundheitswesen recht gut zu laufen. / Foto: Imago Images/epd
Seit Anfang Juli 2021 ist es Aufgabe der Feurig-Apotheke in Berlin, zusammen mit einer benachbarten Hausarztpraxis im Detail verschiedene Szenarien von Verordnungstypen und Dispensiervarianten im E-Rezept-Prozess durchzuspielen. Dabei kamen allerdings noch keine echten digitalen Verordnungen mit realen Patientendaten zum Einsatz. Die wirklichen E-Rezepte folgen erst, wenn die technischen Abläufe stabil laufen. Der Berliner Apothekerverein (BAV) hatte vor Kurzem der PZ gesagt, dass es vermutlich frühestens Mitte August so weit sein wird, wirklich bewerten zu können, ob der Abrechnungsprozess wie erwartet funktioniert. Die Erprobung ist nämlich in drei Phasen unterteilt. Bis zum 19. Juli 2021 lief die erste sogenannte »Hypercare«-Phase, im Anschluss startete die »Extendedcare«-Phase, an die sich schließlich im August die »Enhancedcare«-Phase anschließt. Über die genauen Pläne hatte die PZ bereits berichtet.
Konstantin Lamboy ist Inhaber der Apotheke, die als erste in das Gematik-Projekt eingebunden war. Im Gespräch mit der PZ hatte er nur gute Nachrichten zu verkünden: »Es läuft super«, sagte er. Alle Informationen sind seinen bisherigen Erfahrungen zufolge auf dem E-Rezept abbildbar, inklusive Sonderkennzeichen und Wunscharzneimitteln. Und auch mit der Anbindung ans Rechenzentrum gebe es in seiner Offizin keine Probleme. Bislang hat zwar lediglich eine überschaubare Zahl an digitalen Verordnungen den Prozess in der Feurig-Apotheke durchlaufen, aber die Bilanz ist in Lamboys Augen positiv. Zwei Anmerkungen hat der Apotheker aber dennoch, die er im Vorfeld an den bundesweiten Start des E-Rezepts ab Januar 2022 an seine Kollegen weitergeben möchte: Zum einem appelliert er an alle, die noch keinen elektronischen Heilberufsausweis (HBA) besitzen, diesen so schnell wie möglich zu beantragen. Denn der sei nötig, um die E-Rezepte zu signieren, wenn das Rechenzentrum sie nach der Prüfung zurück an die Apotheke sende. Auch hebt Lamboy die Bedeutung einer stabilen Internet-Leitung hervor. Für Notfälle rät er, einen LTE-Stick in der Schublade zu haben, um jederzeit eine Verbindung zum Internet herstellen zu können. Schließlich reichten bereits Bauarbeiten in der Nachbarschaft aus, um einen Netzausfall zu verursachen.
Der Projektplan sieht vor, dass ab der zweiten Julihälfte weitere Arztpraxen, Apotheken und Rechenzentren in die Tests eingebunden sind. Während es in den Apotheken offenbar recht rund läuft, stellt sich die Frage, wie es den Arztpraxen mit der Umstellung auf die digitalen Prozesse geht? Wie die PZ auf Nachfrage bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erfuhr, herrscht bei den niedergelassenen Ärzten offenbar generell etwas Unmut beim Thema Digitalisierung. In so mancher Praxis fehle es noch an vielem, worauf die Ärzte selbst keinen Einfluss hätten, etwa die Auslieferung und Installation der notwendigen Soft- und Hardware, heißt es. Nach Auffassung der Mediziner ist auch die politische Fristsetzung ein Problem. »Die Praxen sind kein Versuchslabor für die digitalen Wunschvorstellungen der Politik. Es darf dabei außerdem nicht vergessen werden, dass es nicht nur um enge Fristen, sondern auch um Kosten geht, mit denen sich die Praxen in nicht unerheblichem Maß konfrontiert sehen«, so der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen auf PZ-Anfrage.
Die Gematik gibt nach eigenen Angaben hingegen alles, damit die Beteiligten das Zusammenspiel ausreichend erproben können. Im Anschluss an die bisherigen Tests habe die Gesellschaft den Anbietern der eingesetzten Systeme Vorschläge gemacht, um die Nutzerfreundlichkeit und Stabilität dieser noch weiter zu optimieren, sagte sie der PZ. »Für Softwareanbieter der Apotheken- und Praxisverwaltungssysteme (AVS, PVS), die weit in der Entwicklung vorangeschritten sind, hat die Gematik in den letzten Wochen wiederholt Testsessions angeboten – sogenannte Konnektathons.« Mit diesen Integrationstests könnten die Hersteller das Zusammenwirken ihrer Lösung mit anderen am Prozess beteiligten Systemen frühzeitig erproben. »Das hat den Vorteil, dass auch die Softwaresysteme, die aktuell nicht an der Testphase zum E-Rezept in der Fokusregion Berlin-Brandenburg teilnehmen, mit in die Tests eingebunden werden können«, hieß es.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.