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τ-Protein und β-Amyloid

Duo infernale bei Morbus Alzheimer?

Daten einer Untersuchung zeigen, dass die Belastung des Gehirns mit τ-Proteinen die Gedächtnisfunktion nur dann beeinträchtigt, wenn gleichzeitig auch die β-Amyloid-42-Last hoch ist. Diese Erkenntnis könnte auch für die Wirkstoffforschung interessant sein, insbesondere für die Therapie im frühen Krankheitsstadium.
Sven Siebenand
31.03.2022  12:00 Uhr

Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen weist auf eine im Fachjournal »Brain« publizierte Arbeit eines Forscherteams um Professor Dr. Emrah Düzel von der Universität Magdeburg hin. »Seit Langem ist bekannt, dass Ablagerungen von τ-Proteinen im Hippocampus und in benachbarten Hirnbereichen das Erinnerungsvermögen beeinträchtigen. Beim Amyloid hingegen hat man bislang keinen eindeutigen Zusammenhang zur Gedächtnisleistung gefunden. Unter anderem deswegen wird diskutiert, ob es überhaupt Sinn macht, das Amyloid therapeutisch anzugehen«, so Düzel in einer Pressemitteilung. Die nun publizierten Ergebnisse würden aber darauf hinweisen, dass dies in den frühen Stadien der Erkrankung für die Gedächtnisfunktion tatsächlich hilfreich sein könnte.

In die Untersuchung flossen Befunde von 235 Personen im Alter über 60 Jahre ein. Die Gruppe umfasste neben kognitiv unauffälligen Erwachsenen auch solche mit Gedächtnisproblemen, die entweder leicht ausgeprägt waren oder nur subjektiv empfunden wurden. Daten von Personen mit Demenz wurden nicht berücksichtigt, da der Fokus auf Frühstadien der Alzheimer-Erkrankung lag.

Das Team um Düzel analysierte zum einen die Liquorflüssigkeit der Probanden. Denn die Konzentrationen von Amyloid- und τ-Proteinen im Nervenwasser sind gängige Indikatoren, um die Belastung des Gehirns durch diese Proteine einzuschätzen. Da Amyloid- und τ-Proteine auch bei gesunden Menschen im Nervenwasser vorkommen, wurden die Probanden anhand etablierter Schwellenwerte eingeteilt in solche mit pathologischen Werten und solche mit Werten im Normalbereich. Ferner untersuchte man die Gedächtnisleistung und Hirnaktivität mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie. Dazu erhielten die Probanden die Aufgabe, sich fotografische Abbildungen zu merken, während gleichzeitig die Hirnaktivität im Hippocampus gemessen wurde.

Die Untersuchungen brachten unter anderem folgendes Ergebnis: Nur wenn die β-Amyloid-42-Konzentration jenseits des pathologischen Grenzwerts lag, war die Gedächtnisleistung umso schlechter und die Aktivitätseinbußen im Hippocampus umso ausgeprägter, je höher die τ-Werte im Nervenwasser ausfielen. Die Ursachen des Zusammenspiels von Amyloid- und τ-Pathologie sind laut Düzel noch weitgehend unverstanden. Der Hirnforscher gibt der Anti-Amyloid-Therapie Rückendeckung. Seiner Meinung nach sprechen die Befunde nämlich dafür, dass es helfen könnte, die Amyloid-Last im frühen Krankheitsstadium zu reduzieren beziehungsweise niedrig zu halten, auch wenn die τ-Last dabei gleich bleibt. »Man kann aus unseren Ergebnissen ableiten, dass das Gedächtnis davon profitieren könnte.«

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