»Dringender« Handlungsbedarf bei Botanicals |
Melanie Höhn |
25.10.2022 18:00 Uhr |
Das vom BPI in Auftrag gegebene Gutachten zeige laut Verbandshauptgeschäftsführer Kai Joachimsen, »dass die offensichtliche Passivität der EU-Kommission rechtswidrig ist und gegen die Vorgaben der Verordnung verstößt«. Dadurch würden nicht nur die Verbraucherinnen und Verbraucher getäuscht. »Die Kommission läuft auch Gefahr, schuldhaft den Niedergang einer ganzen Teilbranche, nämlich der pflanzlichen Arzneimittelhersteller, mitzuverantworten«. Es komme zu einer Marktverzerrung, die zu Ungleichheiten führe. »Das ist eine Katastrophe, denn wir haben in den letzten 15 Jahren bereits fast die Hälfte an marktfähigen Phytopharmaka verloren«, erklärte er. Dies sei nicht alleine die Schuld der Health-Claims-Verordnung, diese habe aber einen großen Anteil daran. »Die Kommission muss unverzüglich handeln«, so Joachimsen.
Laut Alexander Natz, Generalsekretär von Eucope, werde der Verbraucherschutz »mit Füßen getreten«. Es sei eine Untätigkeit der Europäischen Kommission, die sich über 12 Jahre ziehe. »Nichtstun ist keine Option«, sagte er weiter. Aktuell werde der Verbraucher völlig im Unklaren darüber gelassen, ob die konkrete gesundheitsbezogene Angabe wissenschaftlich fundiert ist oder nicht. Seiner Meinung nach ist das Gutachten eindeutig: »Wenn es nicht möglich ist, eine bestimmte Angabe wissenschaftlich zu untermauern, darf diese Angabe gegenüber dem Verbraucher nicht verwendet werden«, so Natz.
Hintergrund: Im Jahr 2007 ist die Health-Claims-Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in Lebensmitteln mit klarem Ziel des Verbraucherschutzes in Kraft getreten. Die EU-Kommission wollte mit ihr einen europaweit einheitlichen Rahmen schaffen, um Verbraucher vor unbelegten und nicht genehmigten gesundheitsbezogenen Aussagen zu schützen, wie der BPI informierte. Die Implementierung der Verordnung sollte bis 2010 erfolgen. Statt dies konsequent umzusetzen, setzte die EU-Kommission seitdem die Bewertung gesundheitsbezogener Aussagen zu pflanzlichen Stoffen und deren Zubereitungen in Lebensmitteln und damit auch Nahrungsergänzungsmitteln aus. Nach wie vor würden laut BPI so Produkte auf den Markt gelangen, deren gesundheitsbezogene Angaben nicht wissenschaftlich belegt sind. Darüber hinaus seien sie in ihrer Aufmachung (Packung, Aussagen, Inhaltsstoffe, Darreichungsform) Arzneimitteln sehr ähnlich. Verwechslung und Täuschung des Verbrauchers seien somit vorprogrammiert.