dm will OTC-Medikamente verkaufen |
Die Drogeriekette dm will in Österreich rezeptfreie Arzneimittel verkaufen und legt zum dritten Mal Verfassungsbeschwerde gegen das Apothekenmonopol ein. / Foto: Shutterstock/Radu Bercan
Die Drogeriemarktkette dm war in Österreich bereits zweimal, im Jahr 2016 und 2017, beim Verfassungsgericht mit ihrem Antrag auf Prüfung des Apothekenmonopols aus formalen Gründen gescheitert. Im dritten Anlauf und mit einem neuen Anwaltsteam will das Unternehmen nun eine inhaltliche Entscheidung erreichen, teilte dm Österreich mit. Die Drogeriekette sieht das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit gefährdet und den Gleichheitsgrundsatz, wenn es Drogisten nicht erlaubt ist, rezeptfreie Arzneimittel zu verkaufen, selbst wenn sie dieselben Standards bei Beratung und Verbraucherschutz erfüllen wie österreichische Apotheken. Nach eigenen Angaben beabsichtigt die Drogeriekette, seinen Kunden OTC-Medikamente wie Wick-Vaporub, Supradyn oder Bepanthen bis zu 40 Prozent günstiger anzubieten als in der Apotheke.
Das Arzneimittelgesetz in Österreich sieht laut dm-Anwalt Mathis Fister vor, dass die Gesundheitsministerin bestimmte Arzneimittel, darunter auch rezeptfreie, per Verordnung für einen Verkauf in Drogerien freizugeben hat. In der derzeit geltenden Verordnung sei dies aber nicht geschehen, bemängeln die dm-Anwälte. Sie halten die geltende Rechtslage für nicht gesetzeskonform und fordern, die Verordnung entsprechend zu erweitern. »In anderen europäischen Ländern können wir unseren Kunden ein umfangreiches Sortiment rezeptfreier Arzneimittel zu attraktiven Preisen anbieten. In Österreich dürfen wir nicht einmal alle Eigenmarken-Produkte vertreiben, die von dm für den EU-Markt produziert werden«, erläutert dm-Geschäftsführer Harald Bauer die Situation im Nachbarland.
Das Drogerieunternehmen sieht sich bei Beratung und Arzneimittelsicherheit mit den Apotheken gleichauf. So argumentiert Anwalt Fister auch mit der Möglichkeit, OTC-Präparate bei Online-Apotheken zu bestellen. Niemand habe Bedenken, dass die Qualität der Arzneimittel auf dem Versandweg beeinträchtigt werden könnte oder Kunden über die Eigenschaften des Arzneimittels online nicht ausreichend beraten werden. »Warum es dann aber unzulässig sein soll, dasselbe Arzneimittel in einer Drogerie zu erwerben, wo ideale Lagerbedingungen herrschen und nicht nur telefonische, sondern sogar persönliche Beratung in Anspruch genommen werden kann, ist in meinen Augen sachlich nicht zu begründen.« Aus der Sicht des Juristen konterkariert der Online-Versandhandel bereits die Apothekenpflicht.
Der neuerliche Vorstoß von dm stößt bei der österreichischen Apothekerkammer auf Kritik. Es sei unverantwortlich, sensible Produkte wie Medikamente genauso wie Waschmittel zu behandeln und damit die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel zu setzen. Auch die Ankündigung von Rabattschlachten bei Medikamenten durch dm offenbare einen erschreckend leichtfertigen Umgang mit der Gesundheit der Menschen, so Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer. Nur Pharmazeuten seien ausgebildete Experten für die Abgabe von Arzneimitteln und könnten die notwendige fachliche Beratung im Umgang mit Medikamenten leisten.