Difelikefalin kann Juckreiz lindern |
Annette Rößler |
31.10.2022 07:00 Uhr |
Juckreiz kann sehr belasten, das weiß jeder, der schon einmal von einer Mücke gestochen wurde. Gegen Juckreiz im Zusammenhang mit einer chronischen Nierenschwäche gibt es jetzt ein neues Medikament. / Foto: Adobe Stock/Maria Fuchs
Von CKD-assoziiertem Pruritus (CKD-aP) sind bis zu 70 Prozent der Dialysepatienten betroffen. Der Juckreiz kann sehr stark sein und dazu führen, dass die Patienten sich blutig kratzen. Die Therapie bestand bislang vor allem in allgemeiner Hautpflege mit feuchtigkeitsspendenden Hautpflegemitteln sowie gegebenenfalls der Gabe von Gabapentinoiden. Neu hinzugekommen und bereits in der S2k-Leitlinie »Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus« empfohlen ist jetzt Difelikefalin (Kapruvia® 50 µg/ml Injektionslösung, Vifor Pharma).
Difelikefalin ist ein selektiver Agonist an κ-Opioidrezeptoren. Als hydrophiles Peptid mit hochpolarer Oberfläche und physiologischem pH-Wert überwindet es Biomembranen weder durch passive Diffusion noch durch aktiven Transport in nennenswertem Umfang, sodass seine Wirkung auf die Peripherie beschränkt ist. Dort wird die Aktivierung von κ-Opioidrezeptoren auf sensorischen Neuronen und Immunzellen für die Wirkung bei CKD-aP verantwortlich gemacht.
Obwohl der Pathomechanismus von CKD-aP noch nicht im Einzelnen geklärt ist, geht man davon aus, dass vier Faktoren daran beteiligt sind: die Akkumulation von Toxinen, eine periphere Neuropathie, eine systemische Entzündung und eine Dysbalance zwischen κ- und µ-Opioidrezeptoren, wobei µ-Rezeptoren über- und κ-Rezeptoren unterexprimiert sind. Difelikefalin soll über die beiden letztgenannten Schienen wirken, indem es periphere κ-Rezeptoren gezielt aktiviert.
Kapruvia ist zur Behandlung von erwachsenen Hämodialysepatienten mit mäßigem bis schwerem CKD-aP vorgesehen. Ihnen wird es dreimal wöchentlich jeweils am Ende der Dialyse beim oder nach dem Rückspülen als intravenöse Bolusinjektion in den venösen Zugang des extrakorporalen Kreislaufs verabreicht. Dosiert wird abhängig vom sogenannten Trockengewicht des Patienten, was das Zielgewicht nach der Dialyse ist. Empfohlen werden 0,5 µg pro kg Trockengewicht mit einer Maximaldosis von 100 µg für Patienten ab 195 kg Trockengewicht. Falls in einer Woche mehr als drei Dialysebehandlungen erforderlich sind, kann maximal eine vierte Dosis pro Woche gegeben werden.
Die Anwendung wird bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung nicht empfohlen und muss bei Patienten mit klinisch bedeutsamen Störungen der Blut-Hirn-Schranke mit Vorsicht erfolgen. Da Somnolenz die häufigste Nebenwirkung von Difelikefalin ist, wird insbesondere zu Beginn der Therapie zur Vorsicht beim Autofahren und/oder Bedienen von Maschinen geraten. Dasselbe gilt für die gleichzeitige Anwendung mit anderen sedierenden Arzneistoffen, etwa Antihistaminika, Opioid-Analgetika oder Gabapentinoiden. Empfohlen wird zudem eine häufige Überwachung der Kaliumwerte.
In der Schwangerschaft soll die Anwendung von Difelikefalin vorsichtshalber vermieden werden. In der Stillzeit muss eine Entscheidung getroffen werden, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Difelikefalin verzichtet werden soll. Dabei sind sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen.