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Demenz

Die Zahlen steigen – auch bei den Jüngeren

Rund 1,8 Millionen Menschen leiden in Deutschland an einer Demenz. Häufigste Ursache ist die Alzheimer-Erkrankung. Gelingt kein Durchbruch in Prävention oder Therapie, könnten im Jahr 2050 bis zu 2,8 Millionen Menschen erkrankt sein, mahnt die Deutsche Alzheimer Gesellschaft.
Brigitte M. Gensthaler
17.08.2022  14:00 Uhr

Infolge der demografischen Veränderungen erkranken jedes Jahr deutlich mehr Menschen an Demenz als bereits Erkrankte sterben. Daher steige die Zahl der Betroffenen kontinuierlich an, meldet die Deutsche Alzheimer Gesellschaft (DAlzG). Wie Professor Dr. René Thyrian und Dr. Iris Blotenberg vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) auf der Basis aktueller Bevölkerungsdaten berechnet haben, lebten in Deutschland Ende 2021 fast 1,8 Millionen Menschen mit einer Demenzerkrankung, davon knapp 1,2 Millionen Frauen und 0,6 Millionen Männer. Die meisten sind von der Alzheimer-Krankheit betroffen. Etwa 1,7 Millionen waren 65 Jahre alt oder älter.

Laut Prognosen könnte die Zahl der Menschen mit Demenz bis zum Jahr 2050 auf 2,4 bis 2,8 Millionen steigen. Dabei sind etliche beeinflussbare Risikofaktoren bekannt, die mit der Entstehung von Demenz zusammenhängen. Dies sind niedriger Bildungsstand, Hypertonie, schlechtes Hören, Rauchen, Übergewicht, Depression, Diabetes, mangelnde körperliche Aktivität und wenig Sozialkontakte – und nach neuen Erkenntnissen auch exzessiver Alkoholkonsum, Kopf- und Hirnverletzungen und Luftverschmutzung. Hier könnte sich ein Tor für die Prävention öffnen. 

Von den knapp 2,4 Millionen Über-65-Jährigen mit Migrationshintergrund sind laut DAlzG schätzungsweise 158.000 an einer Demenz erkrankt. Dies ist bedeutsam, da sprachliche Barrieren, kulturelle Unterschiede im Verständnis von Gesundheit und Krankheit und fehlende kulturspezifische Informationen den Umgang mit der Erkrankung erschweren können.

Auch wenn das Alter der wichtigste Risikofaktor ist: Derzeit leben in Deutschland mehr als 100.000 Menschen zwischen 40 und 65 Jahren mit der Diagnose Demenz. Diese Zahl sei deutlich höher ist als in früheren Veröffentlichungen, was an der besseren Diagnostik liege, erklärt Thyrian, Vorstandsmitglied der DAlzG, in einer Pressemeldung der Gesellschaft. »Erst jetzt werden Demenzen auch bei jüngeren Menschen regelmäßig als solche erkannt, während früher sehr häufig andere Erkrankungen wie Depressionen diagnostiziert wurden. Von einem tatsächlichen Anstieg der Erkrankungshäufigkeit in diesem Alter ist aber nicht auszugehen.«

Die Fachgesellschaft fordert mehr Angebote für die jungen Erkrankten. »Wenn Menschen unter 65 an einer Demenz erkranken, stehen sie meist noch im Beruf und haben oft noch Kinder in Schule oder Ausbildung. Konzepte, wie die Berufstätigkeit eventuell auch mit der beginnenden Demenz fortgeführt werden kann, fehlen ebenso wie für die Altersgruppe passende Betreuungsangebote oder Pflegeeinrichtungen«, berichtet die Vorsitzende Monika Kaus. »Aus der Beratung kennen wir diese Problematik schon lange.« Jetzt müsse auch die Politik darauf reagieren.

Das Informationsblatt zur Häufigkeit von Demenzerkrankungen in Deutschland steht auf der Internetseite der DAlzG zum kostenlosen Download zur Verfügung.

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