Die Lager der Apotheken sind gut gefüllt |
Erst Ansturm, dann Flaute: Inzwischen ist die Nachfrage nach Grippeimpfstoff gering. / Foto: Fotolia/VRD
Die Versorgung mit Grippeimpfstoffen ist seit Jahren ein heikles Thema in den Apotheken. So hohe Wellen wie in diesem Jahr hat es allerdings schon lange nicht mehr geschlagen. Bereits im September war der Andrang in den Praxen überraschend groß und der Impfstoff entsprechend knapp. Denn der kam wie in jedem Jahr in mehreren Tranchen auf den Markt – und damit zu schleppend für den Ansturm der Impfwilligen. Über Wochen mussten Ärzte verärgerte Patienten wieder nach Hause schicken, weil schlichtweg keine Vakzine verfügbar war.
Doch Mitte Dezember schließlich wendete sich das Blatt. Inzwischen sind die Lager in vielen Apotheken wieder gefüllt. So hat sich die Situation etwa in Nordrhein-Westfalen deutlich entspannt. »Die Apotheken sind gut bevorratet«, sagte Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR) gegenüber der PZ. Die Nachfrage nach den Vakzinen ist derzeit allerdings gering. »Zuletzt haben die Ärzte viele Vorbestellungen wieder storniert.« Die Apotheken bleiben damit vorerst auf den Dosen sitzen. Dabei sollten die Ärzte unbedingt weiterimpfen, so Preis. »Die Durchimpfungsrate ist noch lange nicht erreicht.«
In Nordrhein können sich Versicherte auch in rund 50 Apotheken in vier Modellregionen gegen die Grippe impfen lassen. Inzwischen haben die teilnehmenden Offizinen die Vakzine nach Aussage des Verbands bereits rund 400 Mal verabreicht. Auch wenn das Modellprojekt durch den vorübergehenden Mangel ausgebremst wurde, ist Preis zufrieden mit der ersten Bilanz. »Wir haben nun eine gute Basis für die nächste Impfsaison«, sagte er.
Auch in Bayern lobt man das Modellprojekt in der Oberpfalz. Allerdings bekämen die 57 teilnehmenden Apotheken auch dort die sinkende Nachfrage zu spüren, sagte ein Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands. Dabei fehlt es auch im Süden der Republik nicht an Vakzinen gegen die Grippe. »Jeder Impfwunsch kann problemlos bedient werden«, so der Sprecher. Auch in Brandenburg, Hessen und Baden-Württemberg sind die Apotheken gut bevorratet. In Berlin verfügen viele Offizinen nach Aussage des dortigen Apothekervereins noch über kleinere Bestände Impfstoff. Viele Apotheken hatten in der Hochzeit der Lieferengpässe noch einmal kräftig nachbestellt, ohne auf verbindliche Absprachen mit den Arztpraxen setzen zu können. Ihnen droht nun ein finanzieller Verlust, wenn die Nachfrage nicht steigt und der Impfstoff damit zum Ladenhüter wird.
Noch vor wenigen Wochen hatte man sich solch ein Szenario kaum vorstellen können. Im Herbst hatten Apotheker händeringend versucht, Nachbestellungen der Ärzte zu bedienen. Dabei hatten viele ungeduldig auf die sogenannte nationale Reserve mit weiteren sechs Millionen Dosen gewartet. Diese vom Bund organisierte Rücklage war ab Mitte November schrittweise auf den Markt gekommen und ist aus Sicht vieler Apotheker damit schlichtweg zu spät geflossen. Tatsächlich befinden sich in den Lagern der Apotheken unter anderem Bestände der Vakzine Fluzone® High Dose, der speziell für ältere Patienten zugelassen und als Teil der Reserve aus den USA nach Deutschland gekommen ist. Auch Vaxigrip Tetra® in französischer Aufmachung, das ebenfalls aus der Bundesrücklage stammt, haben viele Offizinen vorrätig. Allerdings sollen darüber hinaus auch andere Impfstoffe problemlos verfügbar sein, die unabhängig von der Reserve auf den Markt gekommen sind. Selbst im Großhandel sind die Lager noch gefüllt. Das bestätigten Sprecher von Sanacorp, Noweda und Phoenix gegenüber der PZ.
Ob die Nachfrage nach Grippeimpfstoffen noch einmal anziehen wird, ist unklar. Derzeit steht die Impfung gegen das Coronavirus im Zentrum der öffentlichen Diskussion. Hinzu kommt, dass es durch Kontaktbeschränkungen und Hygienekonzepte bislang kaum Grippefälle in Deutschland gibt. Dennoch ist die Impfung auch im Januar noch sinnvoll. Das hatte zuletzt auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) noch einmal betont.