DAV bleibt beim Rx-Boni-Verbot |
In seinem Gutachten beleuchtet das IGES-Institut das Zusammenspiel von Präsenzapotheken und Versandhandel. / Foto: Foto: Imago/INSADCO
Ein Zufall war es vermutlich nicht, dass ausgerechnet in dieser Woche das IGES-Gutachten zum Apothekenmarkt am die Öffentlichkeit gelangt. Beauftragt hatte die Gutachter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bereits im vergangenen Jahr. Am gestrigen Mittwoch legten sie es nun endlich auf den Tisch – und damit nur wenige Tage bevor an diesem Freitag erstmals das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) im Bundestag zur Debatte steht. Dabei wird die Analyse in den Beratungen vermutlich eine erhebliche Rolle spielen.
Im Kern beschreiben die Gutachter die aktuelle Situation im Markt und geben eine Prognose für zwei wichtige Szenarien ab: Die mit dem VOASG geplante Verankerung eines Rx-Boni-Verbots, das auch die ausländischen Versender umfasst, sowie die verpflichtende Einführung des E-Rezepts ab 2022. Nach Meinung des DAV stützt das Gutachten die Sichtweise der Apotheker. Zwar werde man die mehr als 90 Seiten starke Analyse erst in den kommenden Tagen im Detail analysieren, erklärte DAV-Chef Becker heute. Die erste Sichtung belege jedoch, dass Präsenzapotheken gegenüber dem Versandhandel benachteiligt seien, der nach einem EuGH-Urteil aus dem Oktober 2016 Rabatte auf rezeptpflichtige Arzneimittel gewähren darf. »Gerade deshalb plädieren wir schon lange dafür, dass Boni und Rabatte, die die bundeseinheitliche Preisbindung unterlaufen, wieder untersagt werden müssen«, so Becker.
Dabei verweist er auch auf die Ausführungen der Experten zum E-Rezept. Laut Gutachten könnten von der Einführung der elektronischen Verordnung vor allem die Versender profitieren, da Rezepte nicht mehr per Post eingeschickt werden müssen und sich das bisherige Problem längere Wartezeiten im Versand damit auflöst. Mit dem E-Rezept als eine Art »game changer« werde somit ein ungewolltes Konjunkturprogramm für den Versandhandel aufgelegt, sagte Becker. »Die Patienten wollen dagegen starke, schnelle und wettbewerbsfähige Apotheken bei sich vor Ort.« Vor diesem Hintergrund werde sich der DAV in den kommenden Wochen konstruktiv und kritisch in den Gesetzgebungsprozess zum VOASG einbringen.
Auch wenn das IGES-Institut ebenso wie die Apotheker in der aktuellen Situation eine Wettbewerbsverzerrung sehen, weisen die Experten gleichzeitig darauf hin, dass das Rx-Boni-Verbot nicht nur den Apothekern helfen würde. So erwarten sie vielmehr, dass die Versender durch den Wegfall der Rabatte und zugleich einen Zuwachs der Kunden im OTC-Bereich deutlich stärker von einer solchen Regelung profitieren als die Apotheken vor Ort. So könnten die Versender ihre relativen Gewinne um satte 35 Prozent steigern, Präsenzapotheken würden hingegen nur 6 Prozent zulegen.
Konkrete Handlungsempfehlungen an die Politik enthält das Gutachten allerdings nicht.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.