Pharmazeutische Zeitung online
Interview Gottfried Ludewig

»Das Apotheken-A muss auch digital ein Markenzeichen bleiben«

Nach seiner Leitungstätigkeit im Bundesgesundheitsministerium ist Gottfried Ludewig nun seit etwa vier Monaten bei der Telekom-Tochter T-Systems tätig. Im Gespräch mit der PZ erklärt Ludewig, worauf die Apotheker bei der Digitalisierung in den kommenden Jahren unbedingt achten sollten, was seine neuen Aufgaben sind und wie er auf Kritik an seinem Wechsel in die Privatwirtschaft reagiert.
Benjamin Rohrer
19.07.2022  10:30 Uhr

Ludewig: T-Systems hat das Unternehmen nach Fokus-Industrien aufgestellt. Dazu zählt der wachsende Bereich Healthcare mit 700 Expertinnen und Experten, den ich nun leiten darf. Wir sind führender IT-Dienstleister etwa für die Kassen und machen B2B-Geschäft mit der gesamten Gesundheitsbranche. Man hat oft mit uns zu tun, ohne es zu wissen. Wir machen Netz, IT, Software, Anwendungen. Klingt erstmal langweilig. Aber: Wir versorgen Kliniken mit schnellem 5G, bringen Röntgenbilder oder auch Behandlungsdaten per Ärzte-iPad ans Patientenbett. Kliniken weltweit nutzen unsere Krankenhaus-Informationssysteme. Und wir schützen diese gegen Hacker. Für die Barmer bringen wir nun die Gesundheitskarte aufs Smartphone. Alles spannende neue Aufgaben.

PZ: In Ihrer alten Funktion als Abteilungsleiter für Digitalisierungsthemen im BMG hat das Ministerium Geschäftsbeziehungen zu T-Systems neu etabliert, es ging beispielsweise um die Corona-Warn-App und eine E-Rezept-Hotline. Ihr Wechsel wurde in der Gesundheitsbranche daher teils auch kritisch beäugt. Wie kommentieren Sie diese Kritik?

Ludewig: Die Öffentlichkeit schaut bei solchen Wechseln völlig berechtigt genau hin. Reflexartige Fragen sind daher nicht überraschend und auch richtig. Zugleich gibt es für diese Wechsel Gesetze. Diese wurden beachtet. Meine persönliche Sicht ist im Übrigen: Dem Gesundheitssystem würde es guttun, wenn wir eher mehr Wechsel zwischen Gesundheitswirtschaft und Politik hätten. Selbstverständlich mit klaren Regeln und Vorgaben.

Digitale Identitäten, Cloud-Dienste, Cyber-Security

PZ: Zuletzt traten Sie als Keynote-Speaker beim Pharmacon auf – auch in Ihrer BMG-Zeit äußerten Sie sich mehrfach zur Digitalisierung im Apothekenmarkt. Haben Sie bei der T-Systems noch Berührungspunkte mit den Apotheken?

Ludewig: Apotheken und Arztpraxen bieten wir ein Gesamt-Paket für die TI. Das besteht aus eigenen Leistungen wie VPN-Zugang oder Karten. Hinzu kommt Hardware von Konnektor- oder Lesegerät-Partnern. Abgesehen davon stehen wir mit Themen wie Digitalen Identitäten, sicheren und effektiven Cloud-Diensten und einem breiten Portfolio im Cybersecurity-Bereich als innovativer und zuverlässiger Partner an der Seite unserer Kundinnen und Kunden auf dem Weg der digitalen Transformation, auch und gerne im Apothekenbereich.   

PZ: Will die Telekom etwa als eigener Plattform-Betreiber im Apothekenmarkt aktiv werden?

Ludewig: Wir sehen uns als Dienstleister, um die Apotheken in der digitalen Transformation zu unterstützen. Das erfolgreiche Apotheken-A sollte auch in der digitalen Welt ein Markenzeichen sein. Gern unterstützen wir diesen Weg mit leistungsfähigen, sicheren und innovativen digitalen Lösungen. Gesundheitsdaten von Arzneimittelkäufen und -Verordnungen etwa sind sensibel und besonders schützenswert. Bei der Entwicklung von Lösungen brauchen die Apotheken einen vertrauenswürdigen und starken Partner, um eine erfolgreiche Versorgung ihrer Kundinnen und Kunden auch auf einer digitalen Plattform zu ermöglichen.

PZ: Es gibt ja auch schon einige Player, die allesamt gegeneinander konkurrieren…

Ludewig: … und das ist die große Herausforderung. Apothekerinnen und Apotheker haben nur eine Chance: Wenn sie im zunehmend international umkämpften Markt gegen wirklich große Plattformen bestehen wollen, müssen sie ein gebündeltes Angebot entwickeln: eine zentrale, sichere und vertrauenswürdige digitale Plattform mit dem roten Apotheken-A.

»Amazon ist keine Apotheke«

PZ: Auch beim Pharmacon sprachen Sie von der Herausforderung der Mega-Plattformen für den Apothekenmarkt. Die Arzneimittelversorgung ist stark reguliert, Konzerne dürfen keine Apotheken sein. Ist der Markt für Amazon und Co. überhaupt interessant?

Ludewig: Schon heute sehen wir: Amazon bietet Arzneimittel an. Aber Amazon ist keine  Apotheke. Apothekerinnen und Apotheker haben aber die Beratungs-Kompetenz. Und sie haben die Nähe zum Kunden und das Vertrauen. Die reale und die digitale Welt zu verbinden: Das ist das Pfund, mit dem die Apotheken punkten können. Wenn die Apotheken es selbst nicht tun, werden es andere machen.

PZ: Eigentlich hatte der Gesetzgeber ja festgelegt, dass der Königsweg für die digitale E-Rezept-Übertragung die staatliche App der Gematik werden soll…

Ludewig: Und das ist auch gut so. Es muss einen staatlichen, neutralen Weg geben. Aber darüber hinaus ist doch Platz für weiterführende Angebote. Die Apotheken haben ihre einzigartige Beratungs-Kompetenz und sind doch weit mehr als Rezept-Einlöser. Sie sollten den Anspruch haben, diese Kompetenz auch im 21. Jahrhundert und digital zu erhalten. Meine große Hoffnung ist, dass das große, rote „A“ nicht mehr nur im Straßenbild dominiert, sondern auch in der digitalen Welt.

PZ: Kommen wir zurück zur TI 2.0 und zu den Digitalen Identitäten. Erst kürzlich verkündete T-Systems, dass man der Barmer dabei helfe, die digitale EGK einzuführen. Für Apotheker und Ärzte ist dieser nächste Digitalisierungsschritt auch mit Kopfschütteln verbunden. Denn nach nur wenigen Jahren müssten die Konnektoren und andere Hardware-Komponenten wieder abgeschafft werden. Das kostet viel Geld – ist es denn wirklich nötig?

Ludewig: Die digitale Welt ändert sich in sehr schnellen Zyklen. Das ist eine Herausforderung und in Alltagsdingen auch manchmal ein Ärgernis. Ich aber freue mich auf die neue Zeit. Wir leben bereits in einer Software und Cloud basierten Welt. Da können Konnektoren und Hardware-Anbindungen nicht die dauerhaft richtige Lösung sein. Zum einen sind sie technisch umständlich und aufwendig, und an vielen Stellen werden neue Ansätze flexibler und besser sein. Und sie öffnen Chancen in der Versorgung. Mit einem Hardware-Konnektor und Kabel werden Hebammen und die mobile Pflege wohl kaum ihre Daten übermitteln können, aber auch sie müssen Zugang via TI beispielsweise zur Patientenakte bekommen.

»Die NFC-Schranke vor dem E-Rezept ist ein Hindernis«

PZ: Digitalisierungsexperten im Gesundheitswesen bemängeln derzeit auch, dass der Zugang zu den einzelnen Komponenten, wie beispielsweise der E-Rezept-App, viel zu komplex geregelt und aufgebaut ist. Siehe NFC-Technologie … Ist das ein weiterer Grund, im Gesundheitswesen künftig nur noch mit digitalen Identitäten zu arbeiten?

Ludewig: Definitiv! Die NFC-Schranke vor der E-Rezept-App ist tatsächlich komplex, das wird für viele bei der Nutzung App sicher ein Hindernis. Gerade daher muss es unser aller Ziel sein, sichere, digitale Identitäten sowohl der Leistungserbringer als auch der Patienten aufzubauen, bei denen die Datensicherheit einerseits gewährleistet ist und andererseits die Versorgung vereinfacht wird. Dann haben wir durchgehend digitale Prozesse, die Patienten und Leistungserbringern Freude bringen und eine bessere Versorgung ermöglichen. Und ganz am Ende schaffen wir damit dann doch noch das Fax in unserem System endlich ab.

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