Covid-19-Impfstoffe gescheitert, doch Wirkstoffe lassen hoffen |
Daniela Hüttemann |
26.01.2021 11:18 Uhr |
MSD ist Impfstoffspezialist, doch seine Impfstoffplattform mit VSV-Vektoren brachte in Phase-I-Studien nicht den gewünschten Erfolg. / Foto: Getty Images/Wera Rodsawang
Grundlage für die Entscheidung des amerikanischen Konzerns, der nur in den USA und Kanada unter dem Namen Merck auftritt, sind enttäuschende Phase-I-Daten mit den Impfstoffkandidaten. Wie MSD (Merck, Sharp & Dohme) heute mitteilte, wurden die Vektorimpfstoffe V590 und V591 zwar gut vertragen, doch die Immunantworten der Probanden fielen schlechter aus als nach natürlichen Infektionen oder im Vergleich zu anderen Impfstoffen. Die Ergebnisse will MSD demnächst in einem Peer-Reviewed-Journal veröffentlichen. Bei den beiden Kandidaten handelt es sich um replizierende virale Vektoren auf Basis des Vesikulären Stomatitis-Virus (VSV), auf dem auch der Ebola-Impfstoff Ervebo® basiert. Impfstoffe sind eine von vier großen Sparten des Unternehmens.
MSD will seine Ressourcen nun auf zwei potenzielle Covid-19-Medikamente richten: MK-7110 und MK-4482. Letzteres hat bereits einen INN-Namen: Molnupiravir. Diese Bezeichnung verrät, dass es sich um einen antiviralen Wirkstoff handelt. Er hat den gleichen Wirkmechanismus wie Remdesivir. Doch laut MSD ist die Substanz oral verfügbar und wird derzeit in Phase-II/III-Studien sowohl mit hospitalisierten Covid-19-Patienten als auch im ambulanten Setting erprobt. Erste Studienergebnisse sollen noch in diesem Quartal vorliegen.
In einer Studie erhalten die 1450 nicht hospitalisierten Probanden fünf Tage lang jeweils zweimal täglich Molnupiravir (Einzeldosis 200, 400 oder 800 mg) oder Placebo. Primäres Studienziel ist der Prozentsatz der Patienten, die ins Krankenhaus müssen oder sterben (NCT04575597). In der anderen Studie werden dieselben Dosen verabreicht, jedoch hier an 1300 Teilnehmer, die bereits im Krankenhaus sind. Hier ist der primäre Studienendpunkt die Zeit bis zur Genesung (NCT04575584). Im Tierversuch hatte Molnupiravir bei mit SARS-CoV-2-infizierten Frettchen die Menge an ausgeschiedenem Virus so stark gesenkt, dass die Tiere nicht mehr ansteckend waren. MSD entwickelt Molnupiravir gemeinsam mit Ridgeback Bio.
Gemeinhin wird angenommen, dass der Einsatz antiviraler Wirkstoffe in der Frühphase der Erkrankung am aussichtsreichsten ist, während er bei schwer kranken Patienten eher keinen Benefit mehr hat. Denn im fortgeschrittenen Verlauf dominieren überschießende Immunreaktionen. Hier soll MSDs anderer Kandidat MK-7110 (früher CD24Fc) als Immunmodulator eingreifen. Dabei handelt es sich um ein rekombinantes Fusionsprotein, das laut Unternehmen einen neuen Wirkmechanismus hat. Es soll einen Checkpoint in einem Signalweg der angeborenen Immunabwehr adressieren, der bislang noch nicht therapeutisch genutzt wird.
Wie das ursprüngliche Kürzel CD24Fc andeutet, handelt es sich um Regionen des CD24, verbunden mit der Fc-Region des humanen Immunglobulins IgG1. CD24 ist ein sogenanntes Zell-Adhäsions-Molekül, das menschliche B-Lymphozyten und Neuroblasten auf ihrer Oberfläche aufweisen.
MSD führt bereits eine Phase-III-Studie durch, deren vollständige Ergebnisse ebenfalls noch in diesem Quartal vorliegen sollen. Zwischenergebnisse haben laut MSD eine Risikoreduktion der Mortalität und des respiratorischen Versagens um 50 Prozent gezeigt bei Patienten mit moderatem bis schwerem Covid-19. Für MK-7110 habe MSD bereits eine Vereinbarung mit der US-Regierung für den Ausbau der Produktion.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.