CAR-T-Zelltherapie beim Mantelzell-Lymphom |
Kerstin A. Gräfe |
04.04.2021 14:00 Uhr |
Wie die meisten Lymphome verursacht auch das Mantelzell-Lymphom selten typische Beschwerden. Aufgrund der starken Ansammlung von Tumorzellen in den Lymphknoten sind diese meist vergrößert. Da sie aber nicht druckempfindlich sind oder schmerzen, wird die Erkrankung oft erst spät entdeckt. / Foto: iStock/didesign021
Mantelzell-Lymphome (MCL) sind eine seltene, aggressive Form der Non-Hodgkin-Lymphome. Sie entstehen infolge einer Mutation reifer B-Zellen in der Mantelzone der Lymphknoten. In Deutschland erkranken rund 1000 Menschen pro Jahr. Das durchschnittliche Erkrankungsalter liegt bei 65 Jahren. Männer sind etwa dreimal so häufig betroffen wie Frauen.
Die Erkrankung gilt derzeit als nicht heilbar. Fünf Jahre nach der Diagnose ist nur noch die Hälfte der Patienten am Leben. Auch mit neuen Therapieoptionen wie den Bruton-Tyrosinkinase-(BTK-) Inhibitoren kann in der rezidivierten Therapiesituation bisher kein dauerhaftes Ansprechen erreicht werden.
Mit Tecartus ((autologe Anti-CD19-transduzierte CD3-positive Zellen, Kite Pharma EU B.V) ist seit März eine weitere Therapieoption zur Behandlung von Patienten mit MCL auf dem Markt. Das Orphan Drug wird angewendet zur Behandlung erwachsener Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem MCL nach zwei oder mehr systemischen Therapien, die einen BTK-Inhibitor einschließen.
Tecartus ist ein CAR-T-Zelltherapeutikum. Bei seiner Anwendung werden patienteneigene T-Zellen durch Genmodifikation derart verändert, dass sie einen chimären Antigenrezeptor (CAR) exprimieren. Im Fall von Tecartus richtet sich dieser Rezeptor gegen das Oberflächenantigen CD19 auf B-Zellen. Auch die beiden anderen bereits zugelassenen CAR-T-Zelltherapeutika Kymriah® und Yescarta® haben CD19 als Ziel. Bindet eine den CAR tragende T-Zelle an eine CD19-exprimierende Zelle, aktivieren die kostimulierenden Domänen CD28 und CD3-z nachgeschaltete Signalkaskaden, die bei den T-Zellen zum Beispiel zu Aktivierung, Proliferation und Sekretion von inflammatorischen Zytokinen und Chemokinen führen. Diese Abfolge von Ereignissen führt zur Apoptose und Nekrose der CD19-exprimierenden Zielzellen. Dem Immunsystem wird sozusagen beigebracht, den Tumor zu bekämpfen.
Es wird empfohlen, die Infusion mit Tecartus drei bis 14 Tage nach Abschluss einer Chemotherapie zur Lymphodepletion (Cyclophosphamid 500 mg/m2 und Fludarabin 30 mg/m2) durchzuführen. Das Gentherapeutikum wird einmalig als Tropfinfusion in eine Vene verabreicht. Vor der Infusion und während der Nachbeobachtung muss mindestens eine Dosis Tocilizumab sowie Notfallausrüstung für den Fall eines Zytokin-Freisetzungssyndroms (CRS) zur Anwendung bereitstehen. Zur Verminderung potenzieller akuter Infusionsreaktionen sollen die Patienten circa eine Stunde vor der Infusion als Prämedikation Paracetamol und Diphenhydramin erhalten.