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DPhG-Statement

Booster für pharmazeutische Dienstleistungen

Um die pharmazeutischen Dienstleistungen zu einem Erfolgsmodell zu machen, ist es unerlässlich, diese kontinuierlich weiterzuentwickeln und ihre Qualität zu sichern. Hierzu sind aus Sicht der DPhG zwei Maßnahmen von besonderer Bedeutung — Qualifizierung und Forschung.
DPhG
10.03.2023  14:45 Uhr

Seit Juni 2022 werden in Apotheken die ersten fünf pharmazeutischen Dienstleistungen angeboten und von den Krankenkassen finanziert. Insbesondere die »Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation« hat das Potenzial, die Wirksamkeit und Sicherheit der Arzneimitteltherapie wesentlich zu verbessern, indem zum Beispiel unerwünschte Arzneimittelwirkungen vermieden werden und die Adhärenz gefördert wird. Dass dies nicht nur theoretische Überlegungen sind, sondern in Apotheken im Rahmen von Medikationsanalysen arzneimittelbezogene Probleme erkannt und gelöst werden, wurde bereits in zahlreichen wissenschaftlichen Studien gezeigt. Auf nationaler und internationaler Ebene gibt es somit bereits hinreichend Evidenz, dass mit pharmazeutischen Dienstleistungen die Arzneimitteltherapiesicherheit verbessert wird.

Inzwischen liegen auch erste Zahlen zu deren Umsetzung in Deutschland vor. Im dritten Quartal 2022 haben 2443 Apotheken pharmazeutische Dienstleistungen erbracht. Von der »Erweiterten Beratung bei Polymedikation« profitierten 3235 Patientinnen und Patienten. Im Lauf des Quartals wurde eine stetige Steigerung der erbrachten pharmazeutischen Dienstleistungen verzeichnet. Diese verdoppelten sich annähernd von Monat zu Monat (Quelle: Nacht- und Notdienstfonds, 19. Dezember 2022). Diese Zahlen verdeutlichen das große Interesse von Seiten der Apothekerschaft. Der Anfang ist gemacht; nun gilt es, weiter Fahrt aufzunehmen. Dabei ist es wichtig, die pharmazeutischen Dienstleistungen nicht isoliert, sondern als Teil einer pharmazeutischen Gesamtentwicklung zu betrachten. Eine rationale Arzneimittelversorgung der Bevölkerung erfordert es, die Gesamtmedikation pharmakotherapeutisch und evidenzbasiert zu bewerten sowie die korrekte Anwendung der Arzneimittel zu vermitteln. Dadurch erweitert sich der Verantwortungsbereich vom Produkt Arzneimittel hin zum Patienten. Letztendlich geht es um nicht weniger als die Stärkung und Weiterentwicklung des Heilberufs der Apothekerin/des Apothekers. Dafür ist die Implementierung der pharmazeutischen Dienstleistungen ein wichtiger Meilenstein, der nur erreicht werden kann, wenn die gesamte Pharmazie diesen Weg mitgeht.

Um die pharmazeutischen Dienstleistungen zu einem Erfolgsmodell zu machen, ist es unerlässlich, diese kontinuierlich weiterzuentwickeln und ihre Qualität zu sichern. Hierzu sind aus Sicht der DPhG zwei Maßnahmen von besonderer Bedeutung:

  1. Qualifizierung: Neben den notwendigen Fortbildungsveranstaltungen und Schulungen zu den Dienstleistungen ist es unverzichtbar, methodische Grundlagen bereits im Pharmaziestudium zu vermitteln. Der qualifizierte Blick auf eine komplexe Gesamtmedikation und deren fundierte Analyse mit daraus resultierenden Empfehlungen müssen in Zukunft zu den Kernkompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker gehören. Alle pharmazeutischen Disziplinen sind dazu übereingekommen, die beiden Fächer Klinische Pharmazie und Pharmakologie deutlich zu stärken, so wie es im Positionspapier des Runden Tisches der Bundesapothekerkammer »Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker« vom 10. Mai 2022 vorgeschlagen wird. Eine Änderung und damit Modernisierung der Approbationsordnung ist nach mehr als 20 Jahren und mindestens fünf Generationen an Studierenden mehr als überfällig und muss nun mit maximalem Nachdruck auf den Weg gebracht werden.
  2. Forschung: Qualitätssicherung und -verbesserung gelingt am besten durch das Generieren wissenschaftlicher Evidenz. Hierzu ist es wichtig, die Forschungskompetenz in Apotheken zu stärken, um valide Daten zur Bewertung der pharmazeutischen Dienstleistungen erheben zu können. Ein Ansatz ist der Aufbau von Netzwerken forschungsaktiver Apotheken rund um die pharmazeutischen Institute. Voraussetzung dafür wiederum ist der Ausbau der Abteilungen für Klinische Pharmazie, die diese Netzwerke aufbauen und koordinieren könnten. Auch die im oben genannten Positionspapier vorgeschlagene Einführung einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit im Pharmaziestudium kann einen Beitrag zu mehr Forschungskompetenz in Apotheken leisten.

So gesehen werden Qualifizierung und Forschung wie ein Booster auf die pharmazeutischen Dienstleistungen wirken. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass den Apothekerinnen und Apothekern derzeit vielerorts die zeitlichen Ressourcen für eine stärker patientenorientierte Ausübung ihres Berufs fehlen. Hier ist vor allem der Gesetzgeber gefordert, indem er die den Apothekenalltag häufig prägenden administrativen Hürden zum Beispiel im Zusammenhang mit Rabattverträgen oder Lieferengpässen konsequent abbaut und auf diese Weise Ressourcen freisetzt.

Für eine nachhaltige Implementierung und Weiterentwicklung der pharmazeutischen Dienstleistungen sind somit nicht nur die Apotheken gefordert. Damit die pharmazeutischen Dienstleistungen sich zu einem wesentlichen Baustein einer zukunftsorientierten Arzneimittelversorgung entwickeln können, müssen Gesundheitspolitik, Universitäten und Standesvertretung mit den Apotheken an einem Strang ziehen.

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