BMG prüft OTC-Switch von Sildenafil |
Der PDE5-Hemmer Sildenafil (Viagra®) und die dazugehörigen Generika könnten in Deutschland schon bald aus der Verschreibungspflicht entlassen werden. / Foto: Imago Images/Jürgen Ritter
Sildenafil wurde von der US-Behörde FDA erstmals im Jahr 1998 unter dem Markennamen Viagra® zur Behandlung der erektilen Dysfunktion zugelassen. Im gleichen Jahr ließ auch die Europäische Arzneimittelbehörde das Präparat für diese Indikation zu. 2013 wurden dann in der EU die ersten Sildenafil-haltigen Generika zugelassen. In den vergangenen Jahren ist der PDE5-Hemmer in vielen Ländern bereits aus der Verschreibungspflicht entlassen worden. Unter anderem im Vereinigten Königreich, Israel, Norwegen und der Schweiz gibt es das Präparat ohne Rezept in der Apotheke, zumeist begrenzt auf die Wirkstoffmengen 25 und/oder 50 Milligramm.
Auch in Deutschland wurde ein sogenannter OTC-Switch des Präparats in den vergangenen Jahren immer wieder diskutiert. Zuletzt waren die Aussichten darauf allerdings gesunken: Im Januar dieses Jahres beschäftigte sich der beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelte Sachverständigenrat für Verschreibungspflicht mit einer möglichen Entlassung – und lehnte den Antrag einstimmig ab. Offenbar hatten die Sachverständigen befürchtet, dass Betroffene sich nicht vom Arzt untersuchen lassen und die möglicherweise hinter der Erektionsstörung liegenden Ursachen nicht erkannt oder ignoriert würden, wenn Sildenafil ohne Rezept erhältlich geworden wäre.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) will den OTC-Switch nach PZ-Informationen nun aber trotzdem vorantreiben und holt derzeit die Meinungen von betroffenen Fachverbänden dazu ein. Möglich ist das, denn die Verschreibungspflicht wird hierzulande durch eine BMG-Rechtsverordnung, also eine Novellierung der Arzneimittel-Verschreibungsverordnung, geändert. Festgelegt ist, dass sich vor dem Erlass einer solchen Verordnung der Sachverständigenausschuss mit dem OTC-Switch dieses spezifischen Wirkstoffs beschäftigt haben muss. Die Urteile des Ausschusses sind allerdings nicht bindend für das Ministerium. Sollte sich das BMG über die Empfehlung des Ausschusses hinwegsetzen, wäre das allerdings höchst ungewöhnlich.
Gegenüber der PZ erklärte eine BMG-Sprecherin die Beweggründe des Ministeriums: »Die Fragestellungen werden derzeit im BMG geprüft, insbesondere vor dem Hintergrund des illegalen Handels. Zolluntersuchungen zeigen einen sehr hohen Anteil an illegal eingeführten Sildenafil-haltigen Produkten. Diese illegal eingeführten Produkte stellen eine Gefährdung der Patientensicherheit dar, da sie aus nicht kontrollierten Herstellungsstätten stammen. In verschiedenen Ländern innerhalb und außerhalb der EU unterliegen einige Sildenafil-haltige Produkte inzwischen nicht mehr der Verschreibungspflicht. Vor diesem Hintergrund stimmt sich das BMG derzeit mit dem BfArM sowie mit den Fachgesellschaften und Verbänden bezüglich möglicher weiter Schritte ab. Ziel ist die Verbesserung der Patientenversorgung mit sicheren Arzneimitteln und der Schutz vor illegaler Ware aus nicht kontrollierter Herstellung.«