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Lieferengpässe

BMG kündigt große EU-Arzneimittelstrategie an

Um Arzneimittel-Lieferengpässe zu vermeiden, will das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mehr Vielfalt in die Lieferwege bringen. Das hat Abteilungsleiter Thomas Müller bei der Tagung »Pharma Trends 2023« des Forum Instituts für Management angekündigt. Das BMG plant zudem im ersten Halbjahr 2023 einen Gesetzentwurf, um eine bessere Versorgung mit Generika zu erreichen.
Anne Orth
08.11.2022  09:30 Uhr

Bei wichtigen Arzneimitteln wie Antibiotika besteht derzeit eine starke Abhängigkeit von China, stellte Thomas Müller, Leiter der Abteilung Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie im BMG, gestern während der Tagung »Pharma Trends 2023« in Berlin fest. Um die Versorgung der Bevölkerung mit häufig verordneten Arzneimitteln wie Schmerzmitteln und Antibiotika sicherzustellen, wolle das BMG gegensteuern. »Wir brauchen Instrumente, um mehr Vielfalt im Beschaffungsprozess zu erreichen«, machte Müller deutlich. Dabei müssten verschiedene Faktoren wie der Standort EU berücksichtigt werden. »Das ist ein sehr anspruchsvolles Projekt«, betonte der Abteilungsleiter in seinem Vortrag.

Auch die EU-Kommission wolle die Sicherheit bei der Versorgung mit Arzneimitteln wie beispielsweise Paracetamol und Tamoxifen erhöhen, führte Müller aus. Das sei ein Schwerpunkt der Arzneimittelstrategie der Europäischen Union. Diese werde nicht wie geplant in diesem Jahr, sondern voraussichtlich Anfang 2023 feststehen. »Wir sind sehr gespannt auf den Aufschlag der EU-Kommission«, sagte Müller. Mit der Strategie solle auch die Frage beantwortet werden, wie die Arzneimittel zu den Patienten in der EU kommen sollten.

In seinem Vortrag ging Müller auch auf die Entwicklung des GKV-Arzneimittelmarktes ein. So sei die Zahl der Zulassungsempfehlungen durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) auf hohem Niveau stabil. 54 Zulassungen im Patentmarkt seien für die gesetzlichen Krankenkassen allerdings derzeit »schwer zu schlucken«.

Neue Arzneimittel bringen oft nur wenig Zusatznutzen

Auffällig sei, dass sich die Industrie auf neue Arzneimittel für die Indikationen Hämatologie und Onkologie fokussiert habe, führte der Abteilungsleiter im BMG aus. 20 Prozent der Zulassungen beträfen diese Indikationen. Dabei handele es sich zumeist um Arzneimittel, die die Überlebensdauer der Patienten nur geringfügig verlängerten, mit denen Industrie aber einen sicheren Preis erzielen könne. »Es gibt die Tendenz der Industrie, in der Onkologie zu ernten, ohne viel Innovation zu bringen«, kritisierte Müller. Bei anderen Indikationen wie beispielsweise Alzheimer und Schizophrenie zeigten die Hersteller hingegen wenig Aktivität, dabei sei dort der Bedarf an neuen Arzneimitteln hoch. Offensichtlich bevorzuge die Methodik im Zulassungsverfahren die Onkologie, hier müsse der Gesetzgeber nachsteuern.

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