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Lieferengpässe

BMG holt für Generika-Gesetz BMWK ins Boot

Im Zuge des GKV-Spargesetzes hatte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ordentlich am AMNOG-Verfahren geschraubt. Nach den patentgeschützten Arzneimitteln, nimmt es nun den Generika-Markt ins Visier und will für ein neues Gesetz gemeinsame Sache mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) machen.
Jennifer Evans
23.11.2022  17:00 Uhr

Lieferengpässe bei Arzneimitteln bereiten dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) schon lange Kopfschmerzen. Die Richtung ist klar: Die Produktion soll wieder stärker nach Europa verlagert werden. Doch dazu sind Anreize für die Industrie nötig – vor allem für die Generika-Hersteller. Schließlich soll auch der Verkauf von »einfachen Arzneimitteln mit kleiner Marge« nach Deutschland wieder attraktiv sein, so Thomas Müller, der im BMG die Abteilung Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie leitet. Denn was die Einsparungen angeht, gibt es bei den Generika »kaum mehr Luft nach oben«, sagte er bei einer Informationsveranstaltung des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller (BAH) am gestrigen Dienstag.

Müller zufolge hat das Ministerium für dieses Vorhaben auch bereits einen Plan in der Schublade, den es im Jahr 2023 präsentieren will. Die PZ hatte bereits darüber berichtet. Involviert ist demnach auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). In dessen Verantwortung soll nämlich das Thema Vergaberecht sowie Innovationszuschüsse fallen. Um alles, was Beschaffungsverfahren, Fest- und Rabattverträge betrifft, will sich dann das BMG kümmern. Ziel sei es, Deutschland attraktiver für den Bereich der Generika zu machen, indem man die Fest- und Rabattverträge mit entsprechenden Anreizen verknüpfe, so Müller zu dem Vorhaben.

Auswirkungen des Spargesetzes noch unklar

Eigentlich war sein Auftrag aber, an diesem Tag über das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz zu sprechen, von dem er sich die »erhofften Effekte« wünscht. Gemeint sind Effizienzreserven im Bereich der patentgeschützten Arzneimittel. Grundsätzlich sieht Müller Deutschland nämlich nicht im Wettbewerb mit Europa, sondern mit der Welt. In diesem Wettbewerb blickt allerdings auch der globale Pharmamarkt auf Deutschland, also auch auf die im GKV-Spargesetz gerade neu definierten Leitplanken für das AMNOG-Verfahren. Denn die Bundesrepublik ist nach wie vor Referenzland, was die Arzneimittelpreise angeht.

Doch hierzulande wird es nun »erstmals einen Preisanker« geben, wie Müller hervorhob. Damit will  der Gesetzgeber die Hersteller anspornen, mindestens einen beträchtlichen Zusatznutzen abzuliefern. Weist aber ein neues Medikament keinen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie auf, muss der erstattete Preis demnächst mindestens 10 Prozent unter dem des patentgeschützten Präparates angesiedelt sein. Und auch die Ausgaben für eine Therapie mit einem Medikament, das nur einen geringen Zusatznutzen bescheinigt bekommen hat, dürfen die Kosten dafür jene einer patentgeschützten zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht übersteigen. Wie sich die Neuerungen auswirken, bleibt laut Müller zunächst abzuwarten. Der GKV-Spitzenverband geht davon aus, dass es bis Anfang 2024 dauern wird, bis sich die finanzielle Wirkung konkret ablesen lässt.

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