BMG hätte mit »Restrisiko« in Apotheken leben können |
Die BMG-Digitalchefin Susanne Ozegowski hat wenig Verständnis für die Sorgen des Datenschutzes bei der E-Rezept-Einführung. / Foto: Techniker Krankenkasse
Die E-Rezept-Einführung ist wegen Datenschutz-Problemen erheblich ins Stocken geraten. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hatten im September ein Verfahren blockiert, das für die digitale Nutzung des E-Rezept-Systems von großer Bedeutung war: die Einlösung von E-Rezepten über die elektronische Gesundheitskarte (EGK). Bei diesem Verfahren sollen die Patienten in der Apotheke ihre EGK vorlegen, die Apothekenteams können nach Stecken der Karte alle offenen E-Rezepte auf dem E-Rezept-Server (Fachdienst) einsehen. Die Datenschützer kritisieren, dass das Verfahren ohne PIN-Eingabe zu unsicher sei. Schließlich könnten die Apothekenteams auch ohne Zustimmung der Patienten recht einfach und unbefugt offene E-Rezepte einsehen und sich somit Zugang zu empfindlichen Gesundheitsdaten beschaffen, so die Sorge der Datenschützer.
Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat man nur begrenzt Verständnis für die Argumentationslinie der Datenschützer. Bei der Handelsblatt-Jahrestagung »Health – The Digital Future« sagte die Abteilungsleiterin für Digitalisierung, Susanne Ozegowski, am heutigen Dienstag, dass das von Kelber beschriebene »Restrisiko« zu vernachlässigen sei. Laut Kelber bestehe das Restrisiko darin, dass ein Apotheker die Software manipulieren und so an die Versichertennummer eines Patienten gelangen könnte. Beim Stecken der EGK beim Einlösen eines E-Rezepts könnte er dann möglicherweise mitbekommen, dass der Patient Psychopharmaka einnimmt. Ozegowski wörtlich: »Man kann nicht jedes Risiko ausschließen. Ein Apotheker, der betrügt, ist ein Straftäter und wäre auch so behandelt worden. Damit hätte man leben können.« Ozegowski spielt hier darauf an, dass die Gematik vorgeschlagen hatte, den unbefugten E-Rezept-Zugriff strafbar zu machen und somit Kriminelle abzuschrecken. Kelber hatte dies aber abgelehnt.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.