Pharmazeutische Zeitung online
E-Rezept via EGK

BMG hätte mit »Restrisiko« in Apotheken leben können

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber will es nicht erlauben, dass Patienten in der Apotheke mit der elektronischen Gesundheitskarte (EGK) ohne PIN-Eingabe E-Rezepte einlösen. Die Apothekenteams seien ein Einfallstor für unbefugte Datenzugriffe, so sein Argument. Susanne Ozegowski, Digital-Chefin im Bundesgesundheitsministerium, schätzt dieses Risiko als gering ein und will nun Druck auf die Krankenkassen ausüben.
Benjamin Rohrer
08.11.2022  11:30 Uhr
BMG hätte mit »Restrisiko« in Apotheken leben können

Die E-Rezept-Einführung ist wegen Datenschutz-Problemen erheblich ins Stocken geraten. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hatten im September ein Verfahren blockiert, das für die digitale Nutzung des E-Rezept-Systems von großer Bedeutung war: die Einlösung von E-Rezepten über die elektronische Gesundheitskarte (EGK). Bei diesem Verfahren sollen die Patienten in der Apotheke ihre EGK vorlegen, die Apothekenteams können nach Stecken der Karte alle offenen E-Rezepte auf dem E-Rezept-Server (Fachdienst) einsehen. Die Datenschützer kritisieren, dass das Verfahren ohne PIN-Eingabe zu unsicher sei. Schließlich könnten die Apothekenteams auch ohne Zustimmung der Patienten recht einfach und unbefugt offene E-Rezepte einsehen und sich somit Zugang zu empfindlichen Gesundheitsdaten beschaffen, so die Sorge der Datenschützer.

BMG: Mögliche Kriminalität in den Apotheken ist zu vernachlässigen

Im Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat man nur begrenzt Verständnis für die Argumentationslinie der Datenschützer. Bei der Handelsblatt-Jahrestagung »Health – The Digital Future« sagte die Abteilungsleiterin für Digitalisierung, Susanne Ozegowski, am heutigen Dienstag, dass das von Kelber beschriebene »Restrisiko« zu vernachlässigen sei. Laut Kelber bestehe das Restrisiko darin, dass ein Apotheker die Software manipulieren und so an die Versichertennummer eines Patienten gelangen könnte. Beim Stecken der EGK beim Einlösen eines E-Rezepts könnte er dann möglicherweise mitbekommen, dass der Patient Psychopharmaka einnimmt. Ozegowski wörtlich: »Man kann nicht jedes Risiko ausschließen. Ein Apotheker, der betrügt, ist ein Straftäter und wäre auch so behandelt worden. Damit hätte man leben können.« Ozegowski spielt hier darauf an, dass die Gematik vorgeschlagen hatte, den unbefugten E-Rezept-Zugriff strafbar zu machen und somit Kriminelle abzuschrecken. Kelber hatte dies aber abgelehnt.

Seite12>

Mehr von Avoxa