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Neurogenese

Bis ins hohe Alter neue Nervenzellen

Bei gesunden Menschen entwickeln sich neue Nervenzellen in Teilen des Gehirns bis ins hohe Lebensalter. Zu dieser Erkenntnis kamen Forscher des Consejo Superior de Investigaciones Científicas (CISC) aus Madrid, der größten öffentlichen Forschungseinrichtung Spaniens. Ihre Untersuchungsergebnisse veröffentlichten sie im Fachjournal »Nature Medicine«.
Michelle Haß
29.03.2019  11:00 Uhr

Das Team um Elena Moreno-Jiménez und Dr. María Llorens-Martín untersuchte zerebrale Gewebeproben von insgesamt 58 Verstorbenen, darunter 13 Gesunde zwischen 43 und 87 Jahren sowie 45 Alzheimer-Patienten. Die Proben wurden innerhalb von 24 Stunden nach dem Tod der Probanden entnommen und analysiert. Mittels speziellen Anfärbe- und Fixierungs-Methoden wiesen die Forscher das Protein Doublecortin (DCX) nach, das als Markerprotein für neugebildete Zellen diente.

Die Forscher fanden DCX-positive Zellen vorwiegend in Teilen des Hippocampus, der unter anderen an der Gedächtnisbildung beteiligt ist. Auch beim Ältesten der gesunden Probanden (89 Jahre) waren noch DCX-positive Zellen vorhanden, wenn auch die Anzahl verglichen mit derjenigen des 43-Jährigen geringer war.

Bei Alzheimer-Patienten war die Zahl an DCX-positiver Zellen hingegen vermindert und deren Differenzierung beeinträchtigt. Das Forscherteam schließt daraus, dass die Neurogenese im Bereich des Hippocampus bei Patienten mit Alzheimer im Vergleich zu Gesunden reduziert ist. Dies sei eine plausible Erklärung für typische Krankheitssymptome wie Gedächtnisverlust und biete neue Therapieansätze bei Alzheimer-Demenz.

Wissenschaftler diskutieren schon seit Längerem kontrovers über das Phänomen der sogenannten adulten Neurogenese. Zwar wurde in Tierexperimenten die Bildung neuer Neuronen im Erwachsenenalter nachgewiesen, die Ausprägung beim Menschen jedoch durch Studien immer wieder infrage gestellt.

Über die Aussagekraft der Studienergebnisse der spanischen Autoren ist man sich unter Experten ebenfalls uneinig. US-Forscher äußern sich kritisch. Ihrer Ansicht nach sei das DCX-Protein kein Marker für eine Neurogenese, da es auch in gesunden differenzierten Zellen vorkomme. Darüber hinaus, sei es dem Team nicht gelungen, Stammzellen nachzuweisen, aus denen sich die neuen Zellen gebildet haben können. Llorens-Martín und Kollegen halten dagegen und erklären, dass Diskrepanzen zwischen ihren und früheren Forschungsergebnissen auf Unterschieden in den verwendeten Methoden basieren. Diese seien entscheidend für die Erkennung neuer Neuronen.

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