BGH zur Preisbindung – die Urteilsgründe |
Alexander Müller |
22.07.2025 10:46 Uhr |
Der Gesetzgeber hatte im AMG noch im Oktober 2012 explizit ergänzt, dass die Preisbindung auch für ausländische Versender gilt. Aus Sicht des BGH war das seinerzeit nicht mehr als eine Klarstellung. Schließlich habe das der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes dies schon im September 2010 klargestellt. Einen Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit im EU-Recht hatten Deutschlands oberste Richter damals auch nicht gesehen – anders als 2016 der EuGH. Mehr noch: Der Gemeinsame Senat war davon ausgegangen, dass die für alle geltende Preisbindung zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt sei.
Damit schien die Rechtslage endgültig beantwortet. Doch bekanntlich legte das Oberlandesgericht Düsseldorf einen anderen Boni-Streit dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Und die Luxemburger Richter befanden 2016, dass sich die Preisbindung auf Apotheken im Ausland stärker auswirke als auf deutsche Apotheken. Zudem sei das Preisrecht nicht gerechtfertigt, da nicht geeignet, die angestrebten Ziele – Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen – zu erreichen.
Damit ist aber aus Sicht des BGH keineswegs das letzte Wort gesprochen. Die Frage, ob die AMG-Regelung mit europäischem Recht vereinbar ist, »ist vielmehr unter bestimmten Umständen einer erneuten Prüfung zugänglich«, heißt es im Urteil. So sei die Bindungswirkung von Vorabentscheidungen des EuGH umstritten, sofern die Auslegung von Unionsrecht über das Ausgangsverfahren hinausgeht. Zudem sei eine erneute Vorlage immer möglich, wenn sich die Rechtslage oder die äußeren Umstände änderten.
Das EuGH-Urteil beruhte aus Sicht des BGH darauf, dass das OLG keine Feststellungen zum Zusammenhang zwischen Preisbindung und flächendeckender Versorgung getroffen hatte. Wie schon in früheren Entscheidungen werden die »ungenügenden Feststellungen in jenem Verfahren« vom BGH gerügt. Zwar habe die deutsche Regierung dann vor dem EuGH eine Stellungnahme abgegeben. In Luxemburg finde aber keine eigentliche Beweisaufnahme statt, die Richter müssten sich bei Vorabentscheidungsersuchen an den Ausführungen des vorlegenden Gerichtes orientieren.