BGH zur Preisbindung – die Urteilsgründe |
Alexander Müller |
22.07.2025 10:46 Uhr |
Als empirische Daten hätte sich der BGH etwa vorstellen können, die Entwicklung des Apothekenmarkts in den unregulierten und regulierten Zeiträumen gegenüberzustellen und wissenschaftlich auszuwerten. Die Regierung habe sich in ihrer Stellungnahme zudem auf die Neuregelung im SGB V bezogen, darum sei es aber im Streitfall aber nicht gegangen.
Aus den vorgelegten Zahlen kommt der BGH eher zu der Annahme, dass der Rx-Versand seit Jahren bei rund 1 Prozent Marktanteil dümpelt – und zwar auch im »unregulierten Zeitraum« zwischen 2016 und 2020. Dass die Einführung des E-Rezepts eine neue Dynamik bringen könnte, schließt zwar auch der BGH nicht aus, es spielte für die Entscheidung aber keine Rolle.
Und überhaupt: Ein kontinuierlicher Rückgang der Zahl der Präsenzapotheken bedeutet aus Sicht des BGH »nicht zwangsläufig eine Gefährdung der flächendeckenden, sicheren und qualitativ hochwertigen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln«. Die Richter verweisen auf das umstrittene 2HM-Gutachten im Auftrag des Wirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2017. Demnach könne die Versorgung auch mit Botendiensten und Versandhandel sichergestellt werden. Der Erhalt des Status quo der flächendeckenden Versorgung möge zwar »wünschenswert« sein, unbedingt notwendig aber eben nicht, so das Urteil.
Der BGH zitiert außerdem ein Gutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen aus dem Jahr 2014. Demnach könnte eine Aufhebung der Preisbindung sogar Vorteile für die flächendeckende Versorgung haben – weil Landapotheken ohne Konkurrenz ihren Kunden höhere Preise abverlangen könnten. Die Gutachter hatten außerdem eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzes vorgeschlagen. Erfahrungen in anderen Ländern zeigen allerdings, dass dies eher zu einer Konzentration der Apotheken in lukrativen Ballungszentren führt. Norwegen ist ein prominentes Beispiel.