Besser für sich selbst sorgen |
Barbara Döring |
08.11.2024 16:20 Uhr |
Eine große Chance im Bereich Selfcare sieht Michael Hennrich, Geschäftsführer Politik bei Pharma Deutschland, für Apotheken. Bislang hätten in der Politik Selbstmedikation und Selfcare keine große Rolle gespielt, doch er sei sicher, dass hier spannende Zeiten kommen.
Krankheiten mit geringem Risiko, die mit weniger finanziellem Aufwand verbunden seien, müssten wieder stärker in die Eigenverantwortung der Versicherten gegeben werden. OTC-Switches würden hier für Apotheker eine Chance bieten, sich neu zu positionieren. Als mögliche Beispiele nannte er die PDE-5-Hemmer bei erektiler Dysfunktion oder die Akutbehandlung mit Antibiotika bei banalen Infekten.
Apotheker sollten sich immer wieder vor Augen führen, was sie alles können, betonte Hennrich. Nicht nur der niederschwellige Zugang zur Versorgung sei zu betonen. Es sei vor allem die pharmakologische Kompetenz, das Bewusstsein für Gesundheit, der dauerhafte Kontakt zu den Patienten und die schnelle Reaktion, die sich gerade während der Corona-Pandemie bei der Herstellung von Desinfektionsmittel gezeigt hätte. OTC-Switches könnten zudem vereinfacht werden, wenn nicht für einen Wirkstoff, sondern für Präparate die Änderung des Zulassungsstatus’ beantragt werden könnte.
In einem weiteren Impulsreferat zeigte der Gesundheitsökonom und Volkswirt Professor Uwe May auf, wie Apotheken über Selbstmedikation und Selfcare die Patientenversorgung verbessern und Kosten senken könnten. Er erklärte, wie in England das Konzept »Pharmacy first«, bei dem Apotheken als erste Ansprechpartner im Gesundheitssystem fungieren, funktioniert.
Der National Health Service (NHS) motiviert mit einem Fernsehspot Menschen, bei Beschwerden zunächst eine Apotheke aufzusuchen und übernimmt dafür die Beratungskosten der Apotheker, da es erkannt hätte, dass sich so Kosten einsparen lassen. Und in der Schweiz sei es selbstverständlich, dass Patienten für Beratung und Dienstleistungen in der Apotheke bezahlen.
Am Beispiel Halsschmerzen zeigte May auf, wie durch einfache Abfrage der Symptome Arztbesuche, Antibiotika und Kosten leicht einzusparen wären. Durch jeden Euro, der für OTC-Produkte ausgegeben würde, spare das deutsche Gesundheitssystem knapp 14 Euro; wenn sich fünf von 52 Patienten selbst behandeln würden, hätten Ärzte täglich eine Stunde mehr Zeit.
Als die drei wichtigsten Selfcare-Punkte in Deutschland nannte er Lebensstilcoaching mit Raucherentwöhnung, Männer- und Frauengesundheit (Beispiel PDE-5-Hemmer und Minipille) und schließlich Pharmazeutische Dienstleistungen wie Impfungen.