Beruf und Fortbildung Hand in Hand |
Seit den 1970er-Jahren hat sich das Anforderungsprofil für den Apotheker-Beruf stark gewandelt. / Foto: Foto: Getty Images/Alex Potemkin
Es fehlte bisher die systematische Fortbildung, die es der Kollegenschaft ermöglichte, ihre aufgrund der alten Studienordnung unzureichenden Kenntnisse in Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie und Pharmakologie zu erlangen. Wenn sich der Apotheker als Arzneimittelfachmann etablieren beziehungsweise stärken wollte, dann waren diese Kenntnisse zusätzlich zu dem pharmazeutisch-chemischen, -biologischen und -technologischen Wissen unbedingte Voraussetzung. Wie in Meran, wurden aber auch im ersten Jahr in Davos wieder sehr verschiedene, nicht miteinander zusammenhängende Themen diskutiert.
Die Bundesapothekerkammer beschloss im Februar 1971 die Gründung eines Wissenschaftlichen Beirats, dem aktive Hochschullehrer der pharmazeutischen Disziplinen ebenso wie Kollegen aus der Praxis angehören sollten. Die Durchführung der beruflichen Fortbildung durch Programmgestaltung und wissenschaftliche Leitung der Fortbildungskurse der Bundesapothekerkammer war eine ihrer zentralen Aufgaben und ist es bis heute.
In seiner ersten Sitzung am 3. Juni 1971 beschloss der Wissenschaftliche Beirat, dass anstelle des thematischen »Blumenstraußes« eine systematische Fortbildung stattfinden sollte - ausgehend von den Organsystemen aus dem Blickwinkel der pharmazeutischen Fachdisziplinen. Nur so, das war die einhellige Meinung des Beirats, würde es möglich sein, den im Beruf stehenden Apothekerinnen und Apothekern jenes Rüstzeug mitzugeben, das die Studierenden aufgrund der neuen Ausbildungsordnung bereits an den Universitäten erhielten.
Das Wissen über den menschlichen Körper, seine Organe und ihre medikamentöse Beeinflussung herauszuarbeiten, war die Aufgabe der ersten zehn Winterkongresse. Sie wurden 1981 mit dem zweiten Fortbildungszyklus zu den Erkrankungen und ihrer arzneilichen Therapie fortgesetzt.
Um den Informationswert der Davoser Fortbildung zu festigen und insbesondere all jenen zugänglich zu machen, die an derartigen Kursen nicht teilnehmen konnten, gab die Werbe- und Vertriebsgesellschaft Deutscher Apotheker im Auftrage der Bundesapothekerkammer und ihres Wissenschaftlichen Beirats Fortbildungsbroschüren heraus. Gemäß der Zielsetzung der Davoser Veranstaltung behandelte diese Schriftenreihe jeweils ein Generalthema und ermöglichte durch Literaturangaben, die die Referenten anfügten, eine vertiefende Auseinandersetzung mit den Inhalten.
Horst Böhme / Foto: Foto: PZ-Archiv
Die Fortbildung auf eher medizinischem Gebiet rief aber auch Kritik hervor. So warnte Professor Horst Böhme in seiner Abschiedsrede als Präsident der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft 1977 in Berlin vor der Gefahr, naturwissenschaftliches Basiswissen zu verlieren und mit der derzeitigen Fortbildung zwischen den Stühlen zu sitzen. Dieser Kritik trat man von offizieller Seite entgegen. Denn bewusst wurden in den Veranstaltungen zu 50 Prozent medizinische Themen wie Organe und ihre Erkrankungen nur soweit behandelt, wie diese zum Verständnis der Arzneimittelwirkungen erforderlich waren. Man befürwortete einen Wandel des Berufsbilds vom »Verteiler«, hin zu einem über das Arzneimittel umfassend informierenden Apotheker.
Die erste Gesundheitsreform seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland unter Minister Herbert Ehrenberg brachte mit dem Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG) den Apothekern zwar wirtschaftliche Nachteile, gleichzeitig stärkte sie die Verantwortung des Berufs durch Ausschluss der Bagatellarzneimittel aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beratung zur Selbstmedikation und das Erkennen der Grenzen eben dieser wurden für den Apotheker zu einer beruflichen Verpflichtung und bestätigten den eingeschlagenen Fortbildungsweg.
Dem zunehmenden Wandel des Berufsbilds und der dafür notwendigen Anpassung der Ausbildung nahmen sich im März 1982 Hochschulprofessoren aus der Schweiz und der Bundesrepublik gemeinsam im badischen Kurort Badenweiler an. Sie stellten 15 »Thesen und Forderungen einer zeitgemäßen Ausbildung und Fortbildung des Offizinapothekers« vor, die deutlich machten, dass der Apotheker wichtige neue Aufgaben übernehmen konnte. Sie ergaben sich aus einem immer größeren und differenzierteren Arzneimittelangebot, die einen Arzneimittelfachmann erforderlich machten. Diese Thesen blieben nicht unwidersprochen. So veröffentlichte das Deutsche Ärzteblatt ein Editorial des Münchener Pharmakologen Wolfgang Forth, in dem er sich kritisch zum Apotheker als Berater von Patienten und Arzt in Arzneimittelfragen äußerte.
Die Fortschritte in der medizinischen und pharmazeutischen Forschung, die nicht ohne Auswirkungen auf den Beruf des Apothekers blieben, führten daher zu Diskussionen über Standortbestimmung und Zukunftsorientierung des Berufsstands. Diese mündeten in einem neuen Berufsbild, das der Deutsche Apothekertag 1986 in Düsseldorf beschloss. Die wesentliche Forderung war die sinnvolle Umsetzung des immer komplexer werdenden pharmakologischen Wissens in eine optimale Arzneimitteltherapie für den Patienten durch den Apotheker.